Suchttherapie 2022; 23(S 01): S52
DOI: 10.1055/s-0042-1756090
Abstracts
S38: Online-Verhaltenssüchte bei Kindern und Jugendlichen: neue Befunde zur Diagnostik, Ätiologie und Lebensqualität der Familien

Online-Verhaltenssüchte unter deutschen Jugendlichen vor und während der COVID-19-Pandemie

I Neumann
1   Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt am Main
,
K Lindenberg
1   Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt am Main
› Author Affiliations
 

Einleitung Mehrere Studien weisen darauf hin, dass die Online-Zeiten von Jugendlichen während der Lockdown-Maßnahmen im Zuge der COVID-19-Pandemie stark angestiegen sind. Erste Studien bringen dies auch mit einer Zunahme an Online-Verhaltenssüchten in Verbindung. Anhand eines ipsativen Vergleichs wurde untersucht, ob Online-Verhaltenssüchte unter Jugendlichen während der COVID-19-Pandemie zugenommen haben und wie dies mit der Lebensqualität zusammenhängt.

Material und Methodik Hierfür wurden 743 Jugendliche aus 8 weiterführenden Schulen in der Metropolregion Rhein-Neckar in zwei Wellen mit der Compulsive Internet Use Scale untersucht. Die erste Welle (n = 507, M Alter= 15.7, SD Alter = 1.8, weiblich = 49 %) wurde zwischen Juli 2015 und Oktober 2016 erhoben. Die zweite Welle (n = 236, M Alter = 15.3, SD Alter = 2.3, weiblich = 54 %) wurde in denselben Schulen und Klassenstufen von Juli bis Dezember 2021 befragt.

Ergebnisse Während der COVID-19-Pandemie nahmen sowohl die Symptomschwere als auch die Prävalenz von Online-Verhaltenssüchten signifikant zu. Je mehr Symptome von Online-Verhaltenssüchten während der Pandemie gezeigt wurden, desto geringer war die selbstberichtete Lebensqualität. Jugendliche mit Online-Verhaltenssüchten wiesen dabei eine unterdurchschnittliche Lebensqualität auf.

Zusammenfassung Es wird diskutiert, inwiefern die Zunahme von Online-Verhaltenssüchten auf die Belastungen während der COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Unabhängig davon weisen die Ergebnisse auf einen erhöhten Versorgungsbedarf unter Jugendlichen hin. Verhältnispräventive Maßnahmen sollten daher ausgebaut und umgesetzt werden. Die Evidenzbasierung und anschließende Implementierung von Programmen zur Verhaltensprävention und Frühintervention sollten gefördert und der Zugang zu therapeutischen Angeboten durch eine angepasste Bedarfsplanung erleichtert werden.



Publication History

Article published online:
30 August 2022

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