Zusammenfassung
Auf der Athener Akropolis vor dem Erechtheion standen einst die Figuren des Erechtheus,
sagenhaften Königs von Athen (Riace A), und des Eumolpos, Königs der Thraker (Riace
B). Das ist das Ergebnis jahrelanger Überlegungen, Untersuchungen und Restaurierung
von zwei männlichen Kriegerstatuen, die 1972 von Sporttauchern bei Riace, nahe Reggio
di Calabria, im Meer gefunden wurden. Der jetzt wieder hell leuchtende Helm des Erechtheus
und die thrakische Fuchsfellmütze (Alopekis) des Eumolpos ([Abb. 1 ] und [Abb. 2 ]) erregen im weitesten Sinne auch das Interesse des Dermatotrichologen. Alopekis
ist sprachverwandt mit Alopecia, dem medizinisch-fachlichen Oberbegriff für alle Formen
auch des menschlichen Haarausfalls, der sich auf die Fuchsräude bezieht, die bei diesem
Tier unter großem Haarverlust häufig zum Tode führt. Im Wissen um diese gefährliche
Krankheit haben wahrscheinlich im Dunklen liegende Vorgänge im kollektiven Gedächtnis
der Thraker zu einer symbolistischen Überhöhung der Alopekis geführt, sodass sie zu
einem halbsakralen, kronenartigen Gegenstand wurde, der nun von ihrem König repräsentativ
getragen wurde. Tierfelle und das volle „dunkle“ Haar des Dionysos, das er auf Vasenbildern
immer trägt, lassen auch immer an dessen „dunkle“ kultische Verehrung denken. Dagegen
symbolisiert der leuchtende Helm des Erechtheus, der in Anlehnung an Synesios von
Kyrene als künstliche Glatze aufgefasst wird, „helle“ maßvolle Klugheit und Weisheit.
Dieser zunächst nur aus der Trichologie und Kopfbedeckung erarbeitete Hell-Dunkel-Gegensatz
wird bei den Namen, den getragenen Waffen sowie Herkunft und Charakter der Personen
und der mythologischen Zusammenhänge überprüft und – sehr überraschend – voll bestätigt.
Abstract
On the Athenian Acropolis in front of Erechtheion once stood the statues of Erechtheus,
legendary King of Athens (Riace A) and Eumolpos, King of the Thracians (Riace B).
This is the result of long-time careful research, investigations and the restoration
of two male warrior statues, which skin divers had found in the sea near Riace in
the vicinity of Reggio di Calabria in 1972. The now once again brightly shining helmet
of Erechtheus and the Thracian fox skin cap (Alopekis) of Eumolpos in the widest sense
arouse the interest of the dermatotrichologist. Alopekis is linguistically akin to
Alopecia, which in medical terminology denotes all forms of human loss of hair that
can be related to itch mite. In the case of the animal it often leads to a heavy loss
of coat hair and eventually to death. The knowledge of this dangerous disease together
with obscure historical events may have led to a symbolistic enhancement of Alopekis
in the collective memory of the Thracians, so that it became a semi-sacred, crown-like
object, which was worn by their king for representation. Animal coats and the thick,
dark hair of Dionysus worn by him on vase paintings always indicate the “dark” side
of Dionysian cult. By contrast, the brightly shining helmet of Erechtheus, which according
to Synesios of Kyrene, is conceived of as an artificial bald head, symbolizes the
brightness of moderation, prudence and wisdom. The contrast between bright and dark
initially deduced from trichology and headwear is also being examined with reference
to the weapons, the persons carry, their names, origins and mythological contexts,
and is, rather surprisingly, fully confirmed.