Dtsch Med Wochenschr 2017; 142(05): 377-378
DOI: 10.1055/s-0043-102699
Facharztfragen
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Rheumatische Erkrankungen

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Publication Date:
10 March 2017 (online)

Welche Untersuchung beweist die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis?
Antwort

Keine.

Kommentar

Diagnose der rheumatoiden Arthritis → Kombination aus:

  • klinischem Bild

  • Röntgenuntersuchungen

  • Labortests

Merke

Diagnose der rheumatoiden Arthritis → Klinik, Röntgen, Labor.

Können Sie uns sagen, welches klinische Bild für die rheumatoide Arthritis typisch ist?
Antwort

Charakteristisch ist der symmetrische Befall der kleinen Gelenke, insbesondere der Hände, häufig der Fingergrundgelenke und der proximalen Interphalangealgelenke. Zentripetales Fortschreiten.

Kommentar

Gelenkbefall bei rheumatoider Arthritis:

  • typisches Muster:

    • symmetrisch

    • kleine Gelenke

  • häufig betroffen:

    • Fingergrundgelenke

    • proximale Interphalangealgelenke

  • nicht betroffen:

    • distale Interphalangealgelenke II–V

  • selten betroffen:

    • Gelenke der BWS und Lendenwirbelsäule (LWS)

Merke

Gelenkbefall → symmetrisch, kleine Gelenke, Fingergrundgelenke.

Und wie äußert sich der Befall der Gelenke bei der rheumatoiden Arthritis?
Antwort

Zunächst durch Morgensteifigkeit von einigen Stunden Dauer, dann durch Bewegungsschmerz, Ruheschmerz, Schwellung, Erguss.

Kommentar

Gelenkbeschwerden bei rheumatoider Arthritis:

  • Morgensteifigkeit

  • Bewegungsschmerz

  • Dauerschmerz

  • Schwellung

  • Erguss

Welche Differenzialdiagnosen berücksichtigen Sie bei Ihren Überlegungen?
Antwort

HLA-B27-assoziierte Spondylarthropathien, Kollagenosen, primäre Vaskulitiden, rheumatisches Fieber, Arthritiden im Rahmen viraler und bakterieller Infektionen, Lyme-Arthritis.

Kommentar

Differenzialdiagnose der rheumatoiden Arthritis:

  • HLA-B27-assoziierte Spondylarthritiden: periphere Arthritis bei Morbus Bechterew, reaktive Arthritis nach urethritischem (Reiter-Syndrom) und enteritischem Infekt, Arthritis bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung, Psoriasisarthritis

  • Kollagenosen: SLE, Sharp-Syndrom

  • primäre Vaskulitiden: Riesenzellarteriitis (Polymyalgia rheumatica)

  • rheumatisches Fieber

  • Arthritiden nach viralen oder bakteriellen Infekten

  • paraneoplastische Syndrome

  • Lyme-Arthritis

  • eitrige Arthritis

  • Arthrosen

Kennen Sie typische radiologische Kriterien der rheumatoiden Arthritis?
Antwort

Zu Beginn der Erkrankung bestehen keine röntgenologisch fassbaren Veränderungen. Die für die Diagnose typischen Kriterien sind die gelenknahe Osteoporose im Bereich der Finger- und Handgelenke sowie Erosionen und Usuren.

Kommentar

Radiologisch erkennbare Veränderungen bei rheumatoider Arthritis:

  • bei Frühformen keine

  • gelenknahe Osteoporose

  • Erosionen und Usuren

  • Knorpel- und Knochendestruktionen

  • beginnende Subluxationen

  • Gelenkzerstörungen, Deformierungen, Luxationen

Welche Bedeutung messen Sie dem Rheumafaktor (RF) bei?
Antwort

Der RF ist in 70 – 80 % der rheumatoiden Arthritis nachweisbar. Allerdings kann er auch bei anderen Gelenkerkrankungen, Erkrankungen anderer Art sowie beim Gesunden nachgewiesen werden.

Kommentar

Der RF bei rheumatoider Arthritis und anderen Erkrankungen:

  • Positiv in 70 – 80 %:

    • rheumatoide Arthritis

  • Positiv in 50 %:

    • bakterielle Endokarditis

    • interstitielle Lungenfibrose

  • Positiv in 20 – 40 %:

    • Lupus erythematodes

    • Sklerodermie

    • Sjögren-Syndrom

    • Dermatomyositis

    • Panarteriitis nodosa

    • chronische Virushepatitis

    • Lebermalignome

    • Morbus Waldenström

  • Positiv in 10 – 20 %:

    • Tbc

    • Sarkoidose

    • Lues

  • Positiv in 5 – 10 %:

    • Psoriasisarthritis

    • Morbus Bechterew

    • CU

    • MC

    • multiples Myelom

    • alte Menschen

Auch beim SLE kann es ja einen symmetrischen Befall der kleinen Gelenke mit ausgeprägten Arthralgien geben. Wie können Sie in diesem Fall zwischen Lupus und rheumatoider Arthritis differenzieren?
Antwort

Anhand des radiologischen Befunds und des Antikörpermusters.

Kommentar

Abgrenzung des SLE von der rheumatoiden Arthritis:

  • radiologisch keine Erosionen

  • Nachweis von ANA und ds-DNS-Antikörpern

  • u. U. Befall anderer Organe

  • u. U. auch Rheumafaktornachweis

Cave

ANA u. U. bei rheumatoider Arthritis nachweisbar, ds-DNS-Antikörper jedoch nicht!

Auch beim Morbus Bechterew gibt es ja bei ⅓ der Patienten Arthritiden peripherer Gelenke. Was hilft Ihnen hier bei der Differenzierung gegenüber der rheumatoiden Arthritis weiter?
Antwort

Beim Morbus Bechterew betrifft der periphere Befall meistens in asymmetrischer Weise größere Gelenke, überwiegend der unteren Extremitäten. Außerdem ist der Morbus Bechterew mit dem HLA-B27-Antigen assoziiert.

Kommentar

Differenzierung des Morbus Bechterew gegenüber der rheumatoiden Arthritis:

  • Befall großer Gelenke, asymmetrisch, untere Extremität

  • HLA-B27 positiv

  • Sakroiliitis (nicht bei rheumatoider Arthritis)

Ein 32-jähriger Mann klagt über ein unangenehmes Brennen beim Wasserlassen, das in wechselnder Intensität seit 2 – 3 Wochen bestehe. Bei Nachfrage berichtet er außerdem über morgendliche ziehende Schmerzen im Bereich der LWS sowie über wandernde Arthralgien, insbesondere der großen Gelenke, allerdings auch der Finger. Die Beschwerden hätten vor mehreren Monaten begonnen, jedoch in der letzten Zeit deutlich zugenommen. Woran denken Sie?
Antwort

An eine reaktive Arthritis.

Kommentar

Reaktive Arthritis:

Entzündliche Gelenkerkrankung, die nach einem Intervall von 2 – 6 Wochen nach einem gastrointestinalen oder urogenitalen Infekt auftritt.

Welche Gelenke sind bei den reaktiven Arthritiden betroffen?
Antwort

Häufig das Achsenskelett, insbesondere die Iliosakralgelenke, es können aber auch periphere Gelenke betroffen sein.

Kommentar

Terminologie der reaktiven Arthritiden (in der Literatur nicht immer ganz eindeutig):

  • Oberbegriff „reaktive Arthritis“:

    • Arthritis als Zweiterkrankung nach bakterieller Infektion des Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakts ohne kulturellen Nachweis des auslösenden Mikroorganismus

  • reaktive Spondylarthritis: Gruppe von Krankheiten, die unter diesem Begriff zusammengefasst werden mit mehreren Charakteristika:

    • Beteiligung des Achsenskelettes, insbesondere Sakroiliitis

    • Assoziation mit HLA-B27

    • kein Nachweis von Rheumafaktoren („seronegative Spondylarthritis“)

    • Beteiligung der Augen und Beteiligung anderer Organe möglich

  • seronegative Spondylarthritis: Unter diesem Begriff werden 5 Krankheitsbilder zusammengefasst:

    • ankylosierende Spondylitis (Morbus Bechterew)

    • Spondylitis bei Psoriasis

    • Spondylitis bei Reiter-Syndrom (Arthritis, Urethritis, Konjunktivitis)

    • Spondylitis bei CEDE (CU, MC, Morbus Whipple)

    • undifferenzierte Spondylarthritis

Ein 35-jähriger Patient klagt über seit Monaten bestehende Schmerzen im Bereich der LWS und der unteren BWS. Wie grenzen Sie eine entzündliche Spondylarthritis von einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung ab?
Antwort

Durch das Beschwerdebild, die Bestimmung der Entzündungsparameter in der Laboruntersuchung und durch die Röntgenuntersuchung.

Kommentar

Abgrenzung mechanisch-degenerativer von entzündlichen Ursachen bei Kreuzschmerzen:

  • Symptomatik:

    • Degenerativ-mechanisch: bewegungsabhängig, Schmerzgipfel am Abend

    • Entzündlich: kontinuierlich, bewegungsunabhängig, besonders morgens

  • Laborwerte:

    • degenerativ-mechanisch: unauffällig

    • entzündlich: BKS beschleunigt, HLA-B27 positiv, evtl. weitergehende mikrobiologisch-serologische Diagnostik

    • radiologische Differenzierung

Welche Enteritiserreger führen bei prädisponierten Personen nicht selten zu reaktiven Arthritiden?
Antwort

Yersinien, Salmonellen, Shigellen, Campylobacter.

Kommentar

Reaktive Arthritis nach bakteriellem gastrointestinalem Infekt:

  • Auftreten 2 – 6 Wochen nach Infekt

  • HLA-B27 positiv in 80 %

  • Befallsmuster häufig asymmetrische Oligoarthritis

  • untere Extremitäten

  • mit oder ohne Spondylarthritis

  • auch Monoarthritis oder Polyarthritis möglich

  • auch Beteiligung kleiner Gelenke möglich

Nach: Berthold Block,

Facharztprüfung Innere Medizin,

3000 kommentierte

Prüfungsfragen.

5., vollständig überarbeitete

Auflage 2017

ISBN 9783131359551