Der Nuklearmediziner 2017; 40(03): 200-202
DOI: 10.1055/s-0043-108733
Nuklearmedizinische Standardprozeduren
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Niere

Carl-Martin Kirsch
Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar
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Publication Date:
01 September 2017 (online)

Nierenfunktionsszintigrafie

Ganzkörperclearance

Indikation

Messung der integralen Nierenfunktion („Ganzkörper-Clearance“) bei

  • systemischen Nierenerkrankungen und insbesondere

  • nephrotoxischer Chemotherapie (Cisplatin)


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Radiopharmazeutikum

Ortho-Jod Hippursäure mit 131J oder 123J markiert.

Aktivität/Untersuchung ca. 2,5 MBq bei 131J bzw. ca. 6 MBq bei 123J für Erwachsene (70 kg) bei Messung am Sondenmessplatz; Kinder entsprechend den Empfehlungen weniger.


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Patientenvorbereitung

Der Patient muss nicht nüchtern sein, muss jedoch ausreichend hydriert werden, z. B. Infusion von 500 ml Elektrolyt-Lösung vor Beginn der Untersuchung über ca. 30 min. Unmittelbar vor Untersuchungsbeginn sollte die Blase entleert werden.


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Untersuchung

Ablauf: Nach vollständiger Infusion wird das Infusionsbesteck abgekoppelt und der Zugang mit einem IN-Stopfen verschlossen. Sodann wird ein zweiter Zugang am anderen Arm des Patienten gelegt. Dieser dient den Blutabnahmen. Nach Injektion des Radiopharmazeutikums wird die Abnahme der Radioaktivität im Körper über einem gut durchbluteten Organ (z. B. Gehirn) für 30 min. aufgezeichnet. Die Blutabnahmen erfolgen ca. 16 und 25 min. p. i.

Technik: Der Patient wird bequem auf einer Liege positioniert. Hierbei ist auf gute Zugänglichkeit beider Arme zu achten. Eine Szintilationssonde mit Registriergerät (z. B. Kurvenschreiber, Computer) wird lateral des Gehirns derart justiert, dass die Kollimatoröffnung das gesamte Gehirn erfasst. Der Patient muss dann still liegen, insbesondere darf er dann den Kopf nicht mehr bewegen.

Die injizierte Aktivität muss präzise in einem geeigneten, geeichten Messgerät gemessen werden.

Mit Injektion des Radiopharmazeutikums wird eine Stoppuhr gestartet. Zu definierten Zeitpunkten ca. 16 bzw. 25 min wird dem Patient 5 ml Blut abgenommen. Die Abnahme muss an dem Zugang erfolgen, an dem nicht injiziert wurde.

Das abgenommene Blut ist zu zentrifugieren und die Aktivität in 1 ml Plasma im Bohrloch zu messen. Die Berechnung der Gesamtkörperclearance erfolgt dann nach der von Oberhausen angegebenen Methode.


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Besonderheiten

Zur Bestimmung des Leerwertes müssen sowohl die Spritze mit Nadel als auch der IN-Stopfen nach Spülen mit physiologischer Kochsalzlösung im Bohrloch gemessen werden. Das Ergebnis dieser Messung ist von dem Messwert der vollen Spritze zu subtrahieren → tatsächlich injizierte Aktivität.

Das Verhältnis der Empfindlichkeit von Aktivimeter und Bohrloch ist regelmäßig zu kontrollieren und ggf. zu korrigieren (Bohrlochfaktor)

Kann wegen schlechter Venenverhältnisse bei einem Patienten nur 1 Zugang gelegt werden, so ist dieser nach Injektion gut mit physiologischer Kochsalzlösung zu spülen und der IN-Stopfen zu wechseln. Der IN-Stopfen muss bei der Messung des Leerwertes mit gemessen werden. Bei den Blutabnahmen sind jeweils 2 × 5 ml abzunehmen, wobei die ersten 5 ml verworfen werden.


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Nebenwirkungen

Keine bekannt.


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Strahlenexposition

Effektive Äquivalentdosis bei 131J-Hippuran 0,4 mSv., bei 123J-Hippuran 0,05 mSv.


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Kamerafunktionsszintigrafie

Indikation

Berechnung der seitengetrennten Nierenfunktion u. a. bei Operationsvorbereitungen, bei Tumorerkrankungen, Harnstauungsnieren, ggf. mit Lasixbelastung. Funktionsabklärung bei plötzlichem Kreatininanstieg, Hypertonieabklärung (Captopriltest). Verlaufskontrollen vor Bestrahlung, falls Nieren im/am Bestrahlungsfeld liegen.


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Radiopharmazeutikum

Heute wird üblicherweise 99mTc-MAG3 eingesetzt. Ca. 100 MBq (DRW, max. 125) bei Erwachsenen, Kinder entsprechend den Empfehlungen weniger.


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Patientenvorbereitung

Der Patient muss nicht nüchtern sein, Hydrierung mit 500 ml Elektrolytlösung 30 min. vor der Untersuchung (Infusion über Verweilkanüle).


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Untersuchung

Ablauf: Die gesamte Untersuchung dauert ca. 40 min. Vor Injektion wird die Spritze im Aktivimeter gemessen und Aktivität mit Uhrzeit notiert. Der Patient wird bei Untersuchung im Sitzen mit der Kamera dorsal derart positioniert, dass die Kameramitte eine Handbreit über dem Beckenkamm ist. Das Radiopharmazeutikum wird als Bolus injiziert. Die Blutabnahmen erfolgen ca. 15 und 25 min. p. i. Falls notwendig wird ca. 26 min. p. i. Furosemid (Lasix®) injiziert, 0,5 mg/kg KGW, max. 40 mg.

Technik: Die Verarbeitung der auf den Rechner aufgezeichneten Bilddaten erfolgt entsprechend der Anleitung des Herstellers. Die Berechnung der Clearanceleistung und der Seitentrennung erfolgt nach den von Oberhausen oder Bubeck angegebenen Verfahren.


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Dokumentation

Nach digitaler Archivierung wird die Untersuchung als Sequenz von Szintigrammen bildlich dokumentiert. Weiterhin werden die erzeugten Zeitaktivitätskurven sowie die berechneten Clearanceleistung inklusive der Partialfunktion beider Nieren angegeben. Ggf. Kurvenverlauf nach Lasix Injektion inklusive der Zeiten dokumentieren.


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Besonderheiten

Der Bohrlochfaktor (Empfindlichkeitverhältnis Aktivimeter/ Bohrloch) ist regelmäßig zu kontrollieren. Die Programme des Computers müssen eine Halbwertszeitkorrektur ermöglichen, andernfalls muss mit Hilfe der registrierten Zeitpunkte eine Korrektur von Hand vorgenommen werden.


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Nebenwirkungen

Keine bekannt.


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Strahlenexposition

Effektive Äquivalenzdosis ca. 1,2 mSv. pro Untersuchung mit 100 MBq.


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