Zusammenfassung
Das wichtigste Konzept zur Behandlung der Netzhautablösung ist die Pars-plana-Vitrektomie
in Kombination mit Endotamponaden (Luft, Gase, Silikonöle). Trotz zahlreicher technischer
Innovationen und modernsten Tamponadematerialien scheinen die Grundprobleme der Ablatiochirurgie
aber nicht gelöst zu sein: Seit Jahrzehnten ist die primäre Erfolgsrate nicht zufriedenstellend,
es gibt keine gute Strategie bei Mehrlochsituationen und die Problematik der proliferativen
Vitreoretinopathie oder der persistierenden Hypotonie ist nicht gelöst. Insbesondere
die Geschichte der Tamponaden ist voller Mythen und Missverständnisse. Trotz immer
neuer Materialentwicklungen haben diese bei genauer Betrachtung nur wenig Einfluss
auf die Erfolgsrate gehabt. Zunehmend zeigt sich, dass der Wert der Tamponade deutlich
überschätzt wird. Der Grund dafür ist ein konzeptuell falscher Ansatz: Denn alle verfügbaren
Tamponaden sind hydrophob und üben ihre tamponierenden Eigenschaften über Auftriebsvektor
und Oberflächenspannung aus. Dies beschränkt sie auf die hydraulische Tamponadefunktion
in nur einer Richtung und erlaubt keine vollständige Füllung des Glaskörperraums.
Der hydrophobe Charakter des Tamponadematerials birgt damit grundsätzliche Nachteile,
die beispielsweise die PVR-Entwicklung oder erneute Lochbildung eher fördern als hemmen.
Deshalb ist eine Neubewertung des Stellenwerts von Tamponaden nötig. Die Lösung könnte
ein radikaler Strategiewechsel weg von hydrophoben hin zu hydrophilen Tamponaden mit
Hydrogelen sein. Diese bilden die natürliche und recht komplexe Funktion des juvenilen,
gesunden Glaskörpers viel besser ab als Gase oder Öle.
Abstract
Pars plana vitrectomy combined with an endotamponade is the most important concept
in retinal detachment surgery. Numerous advances in techniques and tamponade materials
have been made, but the general problems of retinal detachment surgery are still unsolved:
The primary success rate is not adequate, and there is no adequate strategy to address
proliferative vitreoretinopathy, multiple retinal breaks or persistent hypotony. The
story of tamponades is full of myths and misunderstandings. A critical review shows
that tamponades have only a minor role in the history of retinal detachment surgery.
One might assume that the value of tamponades is overestimated. This may be because
the underlying concept is limited: All available tamponades are hydrophobic, so they
act by buoyant force and surface tension. This narrow focus on the hydraulic function
allows only one tamponade vector and makes complete filling of the vitreous body space
impossible. The hydrophobic character of the materials has fundamental disadvantages
that tend to increase the risk of new breaks or PVR formation. Thus, a critical revaluation
of the value of current tamponades is necessary. One solution might be to develop
hydrogels as vitreous body substitute. Such a hydrophilic vitreous body substitute
fits the natural and complex function of a juvenile, healthy vitreous much better
than gas or silicone oil.
Schlüsselwörter
Glaskörperersatz - Tamponade - Silikonöl - Gas - Hydrogel - künstlicher Glaskörper
Key words
vitreous substitute - tamponade - silicone oil - hydrogel - artificial vitreous -
gas