Dtsch Med Wochenschr 2017; 142(21): 1628-1629
DOI: 10.1055/s-0043-119383
Facharztfragen
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Patient mit heftigen Durchfällen nach Antibiotikagabe

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Publication Date:
18 October 2017 (online)

Sie haben einen 67-jährigen Patienten vor 10 Tagen wegen einer exazerbierten chronisch obstruktiven Lungenerkrankung stationär aufgenommen. Da es während des stationären Aufenthalts zu Fieber und eitrigem Auswurf gekommen war, haben Sie eine Behandlung mit einem Antibiotikum eingeleitet. Fünf Tage später klagt der Patient über massive wässrige Durchfälle. Woran denken Sie im Hinblick auf die Durchfälle?
Antwort

Antibiotika-assoziierte Durchfälle.

Kommentar

Der Patient zeigt 2 häufige nosokomiale Erkrankungen:

Pneumonie und Durchfallerkrankung.

Wie groß ist der Zeitraum, in dem Sie eine Antibiotika-assoziierte Diarrhö nach Antibiotikabehandlung vermuten können?
Antwort

Tage bis Wochen.

Kommentar

Eine Antibiotika-assoziierte Diarrhö kann bis zu 2 Monate nach Antibiotikaeinnahme auftreten.

Wie gehen Sie diagnostisch vor?
Antwort

Untersuchung auf Clostridium difficile.

Kommentar

Nosokomiale Diarrhö:

  • Die wichtigste Differenzialdiagnose bei nosokomial erworbenen Diarrhöen ist die Clostridium-difficile-Infektion.

  • Die bakteriologische Untersuchung auf andere bakterielle Infektionen ist insbesondere wichtig im Hinblick auf eine nosokomiale Häufung von Durchfallerkrankungen, z. B. Salmonellosen.

Welche Verlaufsformen kennen Sie bei der Clostridium-difficile-Infektion?
Antwort

Das Krankheitsbild ist sehr variabel, es reicht von einer asymptomatischen Besiedlung des Kolons über leichte Diarrhöen bis zu schweren, u. U. therapierefraktären Kolitiden.

Kommentar

Die gefährlichste Komplikation ist die pseudomembranöse Kolitis.

Wie wird die Clostridium-difficile-Infektion nachgewiesen?
Antwort

Untersuchung des Stuhles auf Toxin A und B, Kultur auf toxigene und nicht toxigene Clostridium difficile.

Kommentar

Der Goldstandard ist der Nachweis der Zytotoxizität von Toxin B in der Zellkultur.

Wie behandeln Sie einen Patienten mit nachgewiesener Clostridium-difficile-Infektion?
Antwort

Abhängig vom Ausprägungsgrad der Diarrhö.

Kommentar

Therapie der Clostridium-difficile-Infektion:

  • Im Vordergrund steht das Absetzen oder der Wechsel des auslösenden Antibiotikums, zusätzlich symptomatische Maßnahmen.

  • Bei schwerer Diarrhö, insbesondere bei blutigen Durchfällen, wird antibiotisch behandelt.

  • Antibiotische Therapie: Metronidazol 4-mal 400 mg/d p. o. für 10 – 14 Tage, alternativ: Vancomycin 4-mal 125 mg/d p. o. für 10 – 14 Tage

  • Rezidive sind häufig und treten in 10 – 25 % der Fälle auf, meistens 2 – 10 Tage nach Beendigung der Therapie, dann erneute Behandlung mit Metronidazol oder Vancomycin für 14 Tage.

  • Länger rezidivierende Infektionen können mit ausschleichenden Behandlungen mit Vancomycin oder Metronidazol über 6 Wochen therapiert werden.

Welche Antibiotika sind häufig mit Clostridium-difficile-Infektionen assoziiert?
Antwort

Clindamycin, Ampicillin, Cephalosporine.

Kommentar

Antibiotika, die häufig mit Clostridium-difficile-Infektionen assoziiert sind:

  • Clindamycin

  • Ampicillin

  • Cephalosporine

Antibiotika, die selten mit Clostridium-difficile-Infektionen assoziiert sind:

  • Benzylpenicillin

  • Chinolone

  • Sulfonamide

  • Makrolide

  • Metronidazol

  • Gentamycin

Was verstehen Sie unter einer Antibiotika-assoziierten Diarrhö?
Antwort

Eine Durchfallerkrankung, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer Antibiotikatherapie auftritt. Die Behandlung kann Tage oder Wochen zurückliegen.

Kommentar

Die Pathogenese ist nicht restlos geklärt, wahrscheinlich spielt eine Schädigung der physiologischen Darmflora eine Rolle. Bei Überwucherung der Darmflora durch den fakultativ pathogenen Keim Clostridium difficile kommt es zu einer toxinvermittelten Kolitis, im schwersten Falle zu einer pseudomembranösen Kolitis.

Was verstehen Sie unter Maldigestion?
Antwort

Störung der normalen Verdauung aufgrund einer Verminderung pankreatischer Verdauungsenzyme, der Gallensäure oder der Vorverdauung im Magen.

Kommentar

Maldigestion:

  1. exokrine Pankreasinsuffizienz:

    • chronische Pankreatitis

    • Z. n. Pankreasresektion

    • Mukoviszidose

  2. Verminderung der Gallensäurekonzentration:

    • Gallensäureverlustsyndrom (Ileitis terminalis, Z. n. Ileumresektion, Dekonjugation von Gallensäure durch bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms bei Blindsacksyndrom)

    • Cholestase

Z. n. Magenresektion.

Was verstehen Sie unter Malabsorption?
Antwort

Eine Störung der Aufnahme von Nahrungsendprodukten, hervorgerufen durch eine Störung der Membrantransportvorgänge in der Dünndarmschleimhaut, eine Verminderung des Resorptionsepithels oder eine Abflussbehinderung.

Kommentar

Malabsorptionssyndrome:

Dünndarmerkrankungen:

  • MC

  • Zöliakie

  • Morbus Whipple

  • Lymphome

  • Laktasemangel

  • chronische Darminfektionen

  • Parasitosen

Z. n. Dünndarmresektion:

  • Kurzdarmsyndrom

Herz-Kreislauf-Erkrankungen:

  • arterielle Durchblutungsstörungen

  • Rechtsherzinsuffizienz

Hormonell aktive Tumoren:

  • Gastrinom

  • VIPom

  • Karzinoid

Lymphdrainagestörungen

Was verstehen Sie unter einem Kurzdarmsyndrom?
Antwort

Die Konsequenzen, die sich aus der Maldigestion und Malabsorption infolge einer ausgedehnten Dünndarmresektion ergeben.

Kommentar

Für eine ausreichende Digestion und Absorption sind Duodenum und 20 – 30 cm Jejunum notwendig, terminales Ileum sowie ca. 50 % Restdünndarm.

Welche Symptome lassen Sie an das Vorliegen eines Malabsorptionssyndroms denken?
Antwort

Chronische Durchfälle mit Gewichtsverlust.

Kommentar

Klinische Symptomatik bei Malabsorptionssyndrom:

  • chronische Durchfälle

  • voluminöse Stühle (mehr als 200 g/d)

  • Gewichtsverlust

  • Fehlen von: Fieber, Schmerzen, peranalem Blutabgang

Sie haben bei einem Patienten den Verdacht auf das Vorliegen eines Malabsorptionssyndroms. Nennen Sie eine einfache, schnell verfügbare Methode, die die Verdachtsdiagnose untermauert.
Antwort

Quantitative Stuhlfettbestimmung.

Kommentar

Die quantitative Stuhlfettbestimmung ist ein einfacher, schnell durchzuführender Suchtest auf das Vorliegen eines Malabsorptionssyndroms. Ein Stuhlfettgehalt von mehr als 7 g in 24 h spricht für ein Malabsorptionssyndrom.

Welche Laboruntersuchungen halten Sie für sinnvoll bei Vorliegen eines Malabsorptionssyndroms?
Antwort

Blutbild, die Werte des Eisenstoffwechsels, Vitaminwerte, Kalzium, Magnesium, Gesamteiweiß und Eiweißelektrophorese.

Kommentar

Laborwerte bei Malabsorptionssyndrom:

  • Blutbild: Anämie, Erniedrigung der Erythrozyten

  • Eisen: Serumeisen erniedrigt, Ferritin erniedrigt

  • Vitamin B12 im Serum erniedrigt

  • Kalzium erniedrigt, Magnesium erniedrigt

  • Gesamteiweiß erniedrigt, Albumin erniedrigt

Durch welche Untersuchungen sichern Sie die Diagnose eines Malabsorptionssyndroms?
Antwort

Dünndarmfunktionstest, bildgebende Verfahren und Dünndarmbiopsie.

Kommentar

Diagnosesicherung bei Malabsorptionssyndrom:

Topografische Diagnostik:

  • quantitative Stuhlfettbestimmung

  • D-Xylose-Test

  • Laktosetoleranztest

  • H2-Atemtest nach Laktosegabe

Bildgebende Verfahren:

  • Röntgenuntersuchung (Enteroklysma): Tumoren, Fisteln, Divertikel, enteritische Zeichen, Strikturen

  • Sonografie

Dünndarmbiopsie:

  • Duodenumbiopsie (Zöliakie, Morbus Whipple)

  • Saugbiopsie aus tieferen Dünndarmabschnitten

  • Probenentnahme unter Enteroskopie

Adaptiert nach: Berthold Block,

Facharztprüfung Innere Medizin,

3000 kommentierte Prüfungsfragen.

5., vollständig überarbeitete Auflage 2017

ISBN 9783 131 359 551