Zeitschrift für Palliativmedizin 2017; 18(06): 291-296
DOI: 10.1055/s-0043-119631
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Doppelkopf: Jutta Hübner und Eckhard Frick

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Publication Date:
24 October 2017 (online)

Jutta Hübner

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Zur Person

1962 in Essen geboren. Studium der Humanmedizin in Düsseldorf, Ausbildung zur Internistin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie, Palliativmedizin. Seit Jahren wissenschaftlich und in der Patientenversorgung im Gebiet der Komplementären Medizin engagiert. Seit Januar 2017 Stiftungsprofessur für Integrative Onkologie am Universitätsklinikum Jena.

Wie kamen Sie in Ihr jetziges Tätigkeitsfeld?

Bereits in der Ausbildung als Assistenzärztin war mir die Versorgung der onkologischen Patienten besonders wichtig. Viele dieser Patienten stellten Fragen nach begleitenden Therapieverfahren und fanden wenig verlässliche Antworten, sodass ich mir schrittweise über Weiterbildungen und Literaturstudium dieses vielfältige Gebiet erarbeitet habe.Prägend war für mich eine Patientin mit einem weit fortgeschrittenen Karzinom und Peritonealkarzinose, deren wichtigster Lebenswunsch eine Reise nach Israel an historische Stätten war. Ihr Bruder wollte sie begleiten, wir hatten alles organisiert, inkl. BTM-Transport und Adressen für Kliniken im Falle eines Falles. Ich war wenige Tage im Urlaub, kam zurück und fand sie wieder auf Station – unter neu begonnener Chemotherapie. Sie verstarb wenige Tage später – ohne in Israel gewesen zu sein.Nun kann man fragen, was komplementäre Medizin und ein Lebenswunsch miteinander zu tun haben.Aus Patientensicht gehören die beiden Fragen „Was kann ich selber tun?“ und „Was ist mir wichtig?“ eng zusammen.Aus meiner Sicht sind beide wesentlicher Teil der ärztlichen Tätigkeit. Ohne die Perspektive und Präferenzen des Patienten zu klären, ist eine patientenorientierte, ganzheitliche Betreuung onkologischer Patienten aus meiner Sicht nicht möglich.Bei meiner Tätigkeit in verschiedenen Kliniken wurde mir immer klarer, dass es in der komplementären Onkologie zwei wesentliche Aufgaben gibt: Wir sind verantwortlich für ehrliche Antworten auf die Frage „Was kann ich selber tun?“ – damit ist klar, dass eine seriöse komplementäre Medizin nur auf der Basis einer wissenschaftlichen evidenzbasierten Medizin möglich ist. Evidenzbasierte Medizin beinhaltet auch die zweite Aufgabe: Klärung der Patientenperspektive und die aus meiner Sicht wichtigste Aufgabe des Arztes: Begleitung des Patienten in der Entscheidungsfindung. Ärztliche Aufgabe ist damit wesentlich Information und Kommunikation. Damit ist der zweite Teil meines aktuellen Tätigkeitsfelds beschrieben.Beide Themen beschäftigen mich seit den letzten Jahren gleichermaßen und jetzt sowohl in der Patientenversorgung am Universitätsklinikum Jena, wie in der studentischen Lehre und in der Forschung.

Was wäre für Sie die berufliche Alternative?

Keine – Arzt sein zu dürfen, ist für mich der schönste Beruf – mit meinen Themengebieten gibt es für mich aber schon jetzt spannende Ideen für die Zeit nach der hauptamtlichen Tätigkeit.

Wie beginnen Sie Ihren Tag?

Leider zu häufig mit einem erheblichen Gap zwischen dem Stundenplan und meiner inneren Uhr.

Leben bedeutet für mich …

Alle meine Tätigkeiten in einem Einklang mit meinen Wertvorstellungen zu leben.

Sterben bedeutet für mich …

Mir bewusst sein, dass mein Leben einen Sinn haben sollte.

Welches Ziel möchten Sie unbedingt noch erreichen?

Meine Stiftung Perspektiven auf einen guten Weg bringen und lange begleiten.

Meine bisher wichtigste Lernerfahrung im Leben ist …

Wenn ich meinem Leben Sinn geben will, so brauche ich Freiheit für meine Entscheidungen und den Mut, dafür die Verantwortung zu übernehmen.

Was würden Sie gern noch lernen?

Das Denken und Handeln von Menschen besser zu verstehen.

Woraus schöpfen Sie Kraft für Ihre Arbeit?

Aus dem unmittelbaren Erleben, dass meine Tätigkeit sinnvoll und hilfreich ist, also aus der Kraft, die uns unsere Patienten zurückgeben. Aus der Erfahrung, dass das eigene Leben sinnvoll ist.

Mit wem aus der Welt- oder Medizingeschichte würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Antoine de Saint-Exupéry

Wenn ich einen Tag unsichtbar wäre, würde ich …

Mich über einen freien Tag freuen, lesen und warten, bis der Zustand vorüber ist, denn ich fände jede einseitige Begegnung mit anderen Menschen illegitim und würde die fehlende Chance der Kommunikation vermissen.

Wie können Sie Herrn Frick beschreiben?

Als jemand, der ein wichtiges Thema mit großer Ruhe, Vorsicht und Beharrlichkeit voranbringt.

Wie beenden Sie Ihren Tag?

Mit wenigstens ein paar Minuten Zeit für mich selbst.

Gibt es etwas, das Sie gern gefragt worden wären, aber noch nie gefragt worden sind?

Von möglichst vielen Menschen: Was können wir tun, um die Stiftung Perspektiven für Menschen mit Krebs zu unterstützen?