Sportverletz Sportschaden 2018; 32(01): 61-65
DOI: 10.1055/s-0043-120874
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ärztliche Schweigepflicht im Leistungs- und Spitzensport

Medical Confidentiality in Elite Sports
Heiko Striegel
Klinik für Sportmedizin, Universitätsklinikum Tübingen
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Publication Date:
26 February 2018 (online)

Zusammenfassung

Das Arzt-Patienten-Verhältnis ist ganz wesentlich durch die ärztliche Schweigepflicht geprägt. Danach hat der Arzt über alles zu Schweigen, was ihm als Arzt in diesem Zusammenhang bekannt geworden ist. Die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht stellt ein strafrechtlich und berufsrechtlich relevantes Fehlverhalten dar. Dies ist nur dann nicht rechtswidrig, wenn eine Offenbarungsbefugnis oder Offenbarungspflicht des Arztes besteht. Eine Offenbarungsbefugnis liegt dann vor, wenn der Patient den Arzt ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln von der Schweigepflicht entbindet. Ärzte, die Patienten parallel oder hintereinander behandeln, dürfen davon ausgehen, dass sie insoweit gegenüber ihren mitbehandelnden Kollegen von der Schweigepflicht entbunden sind. Darüber hinaus darf der Arzt die Schweigepflicht verletzen, wenn ein höherwertiges Interesse an der Offenbarung vorliegt. Diese Fallkonstellationen sind jedoch von der Rechtsprechung eng umgrenzt worden. Eine Offenbarungsbefugnis kann sich darüber hinaus aus gesetzlichen Regelungen ergeben. Offenbarungspflichten beschränken sich auf gesetzlich geregelte Fälle. Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch bei der Behandlung von Sportlern uneingeschränkt. Es finden sich jedoch im Leistungs- und Spitzensport besondere Fallkonstellationen, in denen eine Offenbarungsbefugnis des Arztes besteht bzw. der Arzt davon ausgehen darf, dass der Sportler mit einer Weitergabe seiner Befunde an bestimmte Dritte einverstanden ist.

Abstract

A doctor-patient relationship is basically characterised by medical confidentiality, which means that doctors have to remain silent about any information coming to their attention in the respective context. A breach of medical confidentiality constitutes an act of misconduct relevant in terms of criminal and professional law. If a doctor has the permission or obligation to disclose confidential information, a breach of medical confidentiality is not illegitimate. A permission to disclose confidential information is given if a patient releases a doctor from his or her medical confidentiality obligation either explicitly or through coherent action. Doctors who provide concurrent or successive treatment of a patient are also released from their obligation to keep medical confidentiality towards their attending colleagues. Furthermore, doctors are allowed to disclose confidential information if disclosure is of superior interest. Those specific constellations are narrowly defined by law. Moreover, a permission to disclose confidential information can be the result of a legal provision. Obligations of disclosure are limited to cases regulated by law. Medical confidentiality also applies to the treatment of athletes without any restrictions. However, there are particular constellations in elite sports where doctors either have a permission to disclose confidential information or may assume that athletes agree with the transfer of their diagnostic findings to certain third parties.

 
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