Zusammenfassung
Hintergrund Die Inzidenz periprothetischer Frakturen bei einliegender KTP (PpFxK) beträgt 0,3 – 5,5%.
Circa 40% der Fälle betreffen Revisionsendoprothesen. Es ist meist das distale Femur
betroffen. Die Klassifikation erfolgt i. d. R. nach Rorabeck (RB). Bei RB-I- und -II-Frakturen
wird meist eine osteosynthetische Versorgung mittels winkelstabiler Platte oder retrogradem
intramedullärem Nagel und bei RB-III-Frakturen ein KTP-Wechsel auf ein achsgeführtes
Modell durchgeführt. Periprothetische Frakturen (PpFx) im Bereich der Patella bzw.
Tibia können nach Goldberg bzw. nach Felix klassifiziert werden. Eine Sonderform der
PpFx stellen die interprothetischen Frakturen dar. Aufgrund steigender Zahlen in der
endoprothetischen Versorgung ist ebenfalls mit einer Komplikationszunahme zu rechnen.
Patienten Im Rahmen der vorliegenden retrospektiven Untersuchung erfolgte konsekutiv das klinisch-radiologische
Follow-up von 50 Patienten (14 Männer, 36 Frauen). Diese waren alle Patienten, die
im Zeitraum von 2011 bis 2015 aufgrund einer PpFx des Femurs, der Tibia und der Patella
bei einliegender Knietotalendoprothese (KTP) an einem Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung
eines überregionalen Traumazentrums behandelt wurden.
Ergebnisse Das Follow-up aller Patienten betrug 68% mit durchschnittlich 19,1 ± 14,6 (1 – 49)
Monaten zwischen Frakturversorgung und klinischer Nachuntersuchung. 16% der Patienten
wurden primär extern versorgt und zur Weiterbehandlung bzw. Revision an unsere Klinik
verlegt. Das Durchschnittsalter betrug 78,0 ± 8,8 (55 – 94) Jahre. Der Großteil der
Patienten war orthopädisch und internistisch vorerkrankt. Die PpFxK traten durchschnittlich
5,0 ± 4,8 (0 – 20) Jahre nach Index-OP (KTP-Primärimplantation oder -Revision) bei
mehrheitlich einliegenden Oberflächenersatzprothesen auf, wohingegen Felix-Frakturen
signifikant früher bei überwiegend achsgeführten KTPs vorzufinden waren. Führend waren
mit 60% aller Fälle Rorabeck-II-Frakturen (n = 30). Die Score-Ergebnisse ergaben für
das Gesamtkollektiv 31,1 ± 9,9 (14 – 46) Punkte im Oxford Knee Score, 52,6 ± 24,4
(20 – 100) Punkte im funktionellen Knee Society Score (KSS) und 58,7 ± 26,8 (0 – 99)
Punkte im Knie-KSS (n = 25). Die radiologische Auswertung des RB-I- und -II-Kollektivs
zeigte in 20,6% ein kombiniertes Malalignment in der Frontal- und Sagittalebene. Die
Komplikationsrate des gesamten Kollektivs betrug 50%. Im Kollektiv der RB-Patienten
war in 44% der Fälle eine operative Revision notwendig. Im RB- und Felix-Kollektiv
traten Pseudarthrosen, Materialversagen, Infektionen, Wundheilungsstörungen und Refrakturen
auf.
Schlussfolgerung PpFxK stellen eine schwere Verletzung dar, deren Therapie von hohen Komplikationsraten
begleitet ist. Das Patientengut ist oft komplex mit einer entsprechenden Revisions-
oder Infektanamnese. Die Versorgung sollte an einem Zentrum mit Expertise in der Traumatologie
und Revisionsendoprothetik erfolgen. Eine präoperative Infektdiagnostik sowie adäquate
Bildgebung sind essenziell. Aufgrund hoher Komplikationsraten nach osteosynthetischer
Versorgung von RB-II-Frakturen empfehlen wir insbesondere bei hochbetagten Patienten
mit fraglich osteosynthesefähigem periimplantärem Knochenstock und Frakturnähe zur
KTP die Indikation zum geplanten Prothesenwechsel frühzeitig zu evaluieren. Bei der
osteosynthetischen Versorgung ist immer auf eine korrekte Reposition in allen Ebenen
zu achten und ggf. eine Doppelplattenosteosynthese durchzuführen.
Schlüsselwörter
periprothetische Frakturen - Revisionsendoprothetik - Knietotalendoprothese - Malalignment
- Komplikationen