Rofo 2018; 190(08): 674-679
DOI: 10.1055/s-0043-125223
Bildessay
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Thorakale Lymphgefäßpathologien mit chylösen Leckagen – Bildgebung und interventionelle Therapie

Thoracic Lymphatic Pathologies with Chylous Leakages – Imaging and Interventional Treatment
Claus Christian Pieper
Radiology, University Hospital Bonn, Germany
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Publikationsverlauf

07. Dezember 2017

20. Dezember 2017

Publikationsdatum:
25. Juli 2018 (online)

 Widmung

Diese Arbeit ist Herrn Univ.-Prof. Dr. med. Hans Heinz Schild gewidmet, bei dem wir uns herzlich für die langjährige und stete Unterstützung in allen klinischen und wissenschaftlichen Belangen bedanken möchten.

Einleitung

Als Chylus wird Lymphflüssigkeit der unteren Körperhälfte nach Vermischung mit der fetthaltigen intestinalen Lymphe bezeichnet. Klinisch ergibt sich der Verdacht auf einen chylösen Erguss durch Drainage einer milchig-trüben Flüssigkeit, die laborchemisch Chylomikronen und einen hohen Triglyceridgehalt aufweist. Thorakale chylöse Leckagen sind selten, führen aber u. a. durch Störungen des Elektrolythaushalts und des Immunsystems zu einer hohen Morbidität und Mortalität. Ursachen sind eine Vielzahl primärer und sekundärer pathologischer Prozesse der thorakalen Lymphgefäße. Ätiologisch werden traumatische und nicht traumatische Genesen unterschieden ([Abb. 1]) (Schild HH et al. Dtsch Ärztebl 2013; 100: 819).

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Abb. 1 Spektrum möglicher Ursachen eines thorakalen chylösen Ergusses. LAM: Lymphangioleiomyomatose, CLL: chronisch lymphatische Leukämie, ZVK: Zentralvenenkatheter, ZVD: zentraler Venendruck.

Größtes Lymphgefäß des Körpers ist der Ductus thoracicus (DT). Dieser verläuft bei 40 – 60 % der Patienten von der Cisterna chyli (BWK 12–LWK2) durch den Hiatus aorticus prävertebral rechts der Mittellinie und überkreuzt diese in Höhe BWK 5 – 6 nach links, um in den linken Venenwinkel zu münden. Daneben werden häufig – im Rahmen von Therapien klinisch relevante – anatomische Varianten beobachtet (Johnson OW et al. Eur Radiol 2016; 26: 2482) ([Tab. 1, ] [Abb. 2]).

Tab. 1

Häufige anatomische Normvarianten der thorakalen Lymphgefäße (modifiziert nach Johnson OW et al. Eur Radiol 2016; 26: 2482).

  • Fehlen der Cisterna chyli (bis zu 30 % der Patienten!)

  • vollständiger Verlauf des Ductus thoracicus links der Wirbelsäule zum linken Venenwinkel (36 %) (dorsal der Aorta!)

  • vollständiger Verlauf des Ductus thoracicus rechts der Wirbelsäule zum rechten Venenwinkel (6 %)

  • proximal oder distal gedoppelter Ductus mit oder ohne Wiedervereinigung vor der Mündung im Venenwinkel

  • multiple, kleine plexiforme Gefäße anstelle eines Ductus thoracicus

  • mehrere bis multiple Mündungen im linken Venenwinkel, der V. subclavia und der V. jugularis interna

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Abb. 2a Konventionelle Lymphangiografie mit Darstellung des häufigsten Verlaufs des Ductus thoracicus (rechts der Mittellinie im unteren Thoraxdrittel, Überkreuzen der Mittellinie in Höhe BWK 5/6, Mündung im linken Venenwinkel). b Konventionelle Lymphangiografie mit Darstellung einer varianten Anatomie des Ductus thoracicus. Anstelle eines einzelnen Ductus stellt sich ein mehrfach gedoppelter Ductus/ein Netzwerk aus Lymphgefäßen dar, die in ihrem gesamten Verlauf links der Wirbelsäule verlaufen.

Zur erfolgreichen Therapie sind Kenntnisse des breiten Spektrums möglicher Pathologien, der thorakalen Lymphgefäßanatomie sowie eine adäquate prätherapeutische Bildgebung erforderlich.