Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(04): 208
DOI: 10.1055/s-0044-100058
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hirnmechanismen der abnormen Ermüdung bei MS-Patienten aufgeklärt

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Publikationsdatum:
24. April 2018 (online)

Eines der am häufigsten auftretenden Symptome der Multiplen Sklerose (MS) ist die erhöhte Grundmüdigkeit, die sogenannte Fatigue. Über 80 % der Patienten leiden unter Schwäche und Mattigkeit, die über den Tag hinweg zunimmt und sich deutlich von der Müdigkeit unterscheidet, die gesunde Menschen erleben. Zudem besteht eine erhöhte Erschöpfbarkeit, wenn Patienten kognitive oder motorische Tätigkeiten ausführen. Für jeden 3. MS-Patienten ist Fatigue das am meisten belastende Symptom der Erkrankung. Die Ursachen sind derzeit noch unbekannt.

Einem Team von Ärzten und Wissenschaftlern aus den Kliniken Schmieder Konstanz und Heidelberg ist ein wichtiger Durchbruch beim Verständnis dieser Symptome gelungen. Das Team untersuchte im Rahmen eines Forschungsprojektes des Lurija Instituts MS-Patienten mit unterschiedlichen Ausprägungen von Fatigue mittels funktioneller Kernspintomografie während einer kognitiv anspruchsvollen Aufgabe. Die Daten verglichen sie mit gesunden Normalprobanden. Zum ersten Mal ist es gelungen, Funktionsveränderungen in unterschiedlichen Hirnnetzwerken der Patienten nachweisen. Die abnorme Grundmüdigkeit spiegelte sich in Veränderungen der Aktivität in höheren Kontrollnetzwerken des Vorderhirns wider. Demgegenüber beobachteten die Wissenschaftler eine Abnahme der Aktivität in visuellen Aufmerksamkeitsnetzwerken des Hinterhaupthirns, die mit der abnormen Erschöpfbarkeit während der bearbeiteten visuellen Arbeitsgedächtnisaufgabe einherging.

Die Erkenntnis, dass Ermüdung und Ermüdbarkeit bei Patienten mit MS unterschiedliche hirnfunktionelle Korrelate haben, trägt wesentlich zum Verständnis dieser Symptome bei. Sie dient als Basis für die Entwicklung neuer Behandlungsansätze, z. B. durch transkranielle elektrische oder magnetische Stimulation der entsprechenden Hirnareale.

Nach einer Mitteilung des LURIJA Instituts für Rehabilitationswissenschaften und Gesundheitsforschung