Zentralblatt für Kinderchirurgie 2002; 11(2): 94
DOI: 10.1055/s-2002-30155-3
Kommentar

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

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G. Benz
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Publication Date:
13 May 2004 (online)

Die Kernspinuntersuchung in Traumatologie und Orthopädie gewinnt eine zunehmende Bedeutung. Dies lässt sich aus der neueren Literatur ablesen. Auch in der Kindertraumatologie finden sich darüber interessante Beiträge, u. a. publizierte L. M. Wessel im letztjährigen Journal of Pediatric Orthophedics 21: 338-342 (2001) einen interessanten Artikel über den Wert der Magnetresonanztomografie bei traumatischem Hämarthros des kindlichen Kniegelenkes. An diesem wichtigen Gelenk ist unstrittig durch die Kernspinuntersuchung ein diagnostischer und therapeutischer Zugewinn vorhanden, bedenkt man die mit Recht ablehnende Haltung der meisten Kindertraumatologen und -orthopäden der Arthroskopien bei unklarem Hämarthros des Kniegelenkes im Kindesalter gegenüber. Hierdurch lässt sich zweifellos weniger invasiv eine klare Diagnose stellen oder gezielt die notwendige Therapie durchführen.

Nun zum Sprunggelenk: Im Gegensatz zum Kniegelenk sind Arthroskopien im oberen Sprunggelenk beim Kind so gut wie inexistent. Die Frage drängt sich daher sicherlich auf, ob wir hier also eine hohe Dunkelziffer unerkannter Frakturen haben? Oder anders ausgedrückt, läge es hier nicht nahe, ersatzweise nach Pro- und Supinationsverletzungen eine NMR-Untersuchung durchzuführen?

Ich glaube persönlich jedoch nicht, dass wir bei dieser Lokalisation unser Konzept ändern müssen. Zum einen sind nach dem bisherigen Kenntnisstand Verletzungen und Frakturen im oberen Sprunggelenk beim Kind insgesamt wesentlich seltener als bei Erwachsenen, zum andern weiß man, dass nach typischen Epiphysenfrakturen am Innenknöchel im Kindesalter unter 10 Jahren eine hohe konsekutive Fehlwachstumsrate resultieren kann. Die bisher unbeantwortete Frage hingegen, ob es hierbei zu einer Gefäßverletzung gekommen ist oder eine reine Crush-Verletzung der Epiphysenfuge vorlag, lässt sich auch weiterhin weder durch die Röntgennativaufnahme noch durch die NMR-Untersuchung klären. Ob bei Supinationsverletzungen, wie in Abb. [5] gezeigt, mit einer „Crush-Verletzung” der distalen Epiphysenfuge eine prognostische Aussage bezüglich eines prämaturen Fugenschlusses oder dergleichen mehr, möglich ist, erscheint mir nicht überzeugend. Damit tut sich der Autor insgesamt schwer, die Bedeutung des NMR am Sprunggelenk überzeugend darzulegen, wenn man einmal von der Erkenntnisgewinnung und den Nachweis weiterer „Fissurlinien” ohne prognostische oder therapeutische Relevanz absieht.

Es muss dem Autor hoch angerechnet werden, dass er sich der Frage der therapeutischen Konsequenzen und der finanziellen Mehrbelastung bei diesen Untersuchungen unter den Kriterien der neuen Entgeltsysteme z. B. nach Supinationsverletzungen am Sprunggelenk nicht entzieht. Die eingeschränkte Indikation am oberen Sprunggelenk im Kindesalter lässt sich hingegen aus meiner Sicht nicht wegleugnen und muss durchaus kritischer diskutiert werden. Die Frage hingegen des Einsatzes der MR-Tomographie am Kniegelenk entspricht voll und ganz unseren klinischen Erfahrungen. Die rezente Literatur zu diesem Themenkomplex, wie oben angesprochen, muss vom Autor in den Literaturangaben noch ergänzt werden.

Abb. 5 a, b a Im Rö-Bild Verdacht kein sicherer Frakturnachweis, b MRT: T2-gewichtete TIRM-Sequenz (Fettunterdrückung) mit Nachweis einer signalreichen Crush-Verletzung der distalen Fibulaphysenfuge.

Prof. Dr. Gert Benz

Kinderchirurgische Abteilung

Chirurgische Universitätsklinik

Im Neuenheimer Feld 110

69120 Heidelberg