Notfall Medizin 2003; 29(11): 433
DOI: 10.1055/s-2003-44957
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kardiovaskuläre Notfälle

Matthias P. Heintzen1
  • 1Braunschweig
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Publication Date:
08 December 2003 (online)

Die Notfallbehandlung von Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen erfordert eine zielgerichtete und schnelle Diagnostik mit unmittelbar nachfolgender adäquater Therapie.

Bei kaum einer Erkrankung wird dies deutlicher als beim akuten Koronarsyndrom mit seinen drei Facetten instabile Angina pectoris, Infarkt ohne ST-Streckenhebung (NSTEMI) und ST-Streckenhebungsinfarkt (STEMI). Die sichere Einteilung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom in diese unterschiedlichen Stadien ist von besonderer Bedeutung, da je nach Risikoeinstufung eine unterschiedliche stadienabhängige Therapie erforderlich ist.

Die Überlebenschance von Patienten mit akutem Myokardinfarkt ist vor allem abhängig von der Größe des Infarktes und der Zeit, die seit Infarktbeginn verstreicht. Nur die sichere Notfall-Diagnostik und eine sofortige aggressive Therapie ermöglichen eine Verbesserung der sonst sehr ungünstigen Prognose.

Die sofortige komplette Reperfusion des Infarktareals ist dabei von zentraler Bedeutung. Wichtigstes Therapieziel bei der Behandlung von Patienten mit akutem Myokardinfarkt im Sinne eines STEMI ist die Reperfusion des betroffenen Infarktareals entweder durch Lyse oder perkutane Katheterintervention (PCI). Da die PCI als effektivstes Revaskularisationsverfahren bei STEMI anerkannt und etabliert ist - wenn sie von erfahrenen Untersuchern durchgeführt und binnen 90 Minuten verfügbar ist -, sollten Versorgungsstrukturen geschaffen werden, die in Form regionaler Netzwerke durch Kooperation von Krankenhäusern ohne Katheterlabor mit interventionellen Zentren einen Transfer insbesondere von Risikopatienten zur PCI ermöglichen. Auch bei Patienten mit NSTEMI verbessert eine frühzeitige invasive Diagnostik und Therapie die Prognose. Insbesondere in den ersten 24 Stunden nach Symptombeginn ist von einem erheblichen Therapieeffekt auszugehen, sodass heute eine „First-Day-PCI” bei diesen Patienten angestrebt werden sollte. Dies kann in einem funktionierenden regionalen Netzwerk flächendeckend angeboten werden.

Die Herzinsuffizienz ist ein zahlenmäßig zunehmendes, häufig in der frühen Phase kritisches Krankheitsbild, welches dann alle Aufmerksamkeit und das gesamte Können der behandelnden Ärzte verlangt. Wie beim akuten Koronarsyndrom ist die Prognose sehr vom Stadium der Erkrankung abhängig und bei unbehandelter ausgeprägter akuter Herzinsuffizienz sehr ungünstig. Für die Sofortbehandlung ist - wie beim akuten Koronarsyndrom - eine schnelle und sichere Diagnose und eine unverzügliche zunächst symptomatische Notfallbehandlung erforderlich. Gleichzeitig muss durch gezielte weiterführende Diagnostik die zugrundeliegende Erkrankung differenziert werden und eine entsprechende Kausaltherapie begonnen werden.

Bei Diagnostik und Therapie des akuten Koronarsyndroms und der Herzinsuffizienz sind in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte gelungen. Neue pathophysiologische Erkenntnisse wurden in moderne Therapiekonzepte umgesetzt, diese dann durch randomisierte kontrollierte Studien abgesichert.

In dieser Ausgabe der Notfallmedizin sind die wichtigen derzeit gültigen diagnostischen und therapeutischen Leitlinien der kardiovaskulären Notfallmedizin in die Übersichtsartikel zur Herzinsuffizienz und zum akuten Koronarsyndrom eingebunden und ermöglichen so eine ganz aktuelle Orientierung.

Prof. Dr. med. Matthias P. Heintzen

Braunschweig

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