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DOI: 10.1055/s-2003-816017
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Warum machen deutsche Allgemeinärzte so wenig Früherkennung? - Analyse einer Fokusgruppe
Why are German Screening Rates so much lower than in other European countries. Analysis of an Fokus GroupPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
12. Januar 2004 (online)
Zusammenfassung
Hintergrund: In Deutschland wird deutlich weniger Früherkennung betrieben als in anderen europäischen Ländern. Umso erstaunlicher ist dies angesichts der extrabudgetären und relativ guten Honorierung.
Fragestellung: Warum machen deutsche Allgemeinärzte so wenig Früherkennung?
Methode: Eine Fokusgruppe von acht Hausärzten diskutierte diese Frage. Das Transkript dieser Diskussion wurde durch drei Allgemeinärzte mittels »Qualitativer Inhaltsanalyse« nach Mayring ausgewertet.
Ergebnisse: Als implizites Ergebnis wurde die Tatsache gewertet, dass die vorgegebene Thematik »Früherkennung« zunächst komplett umgangen wurde und statt dessen etwa 2/3 der Zeit über »individualisierte Primärprävention« diskutiert wurde.
Als explizites Ergebnis fanden wir die folgenden drei Hauptkategorien:
-
Glaube an individualisierte Prävention
-
Skepsis bezüglich der Effektivität der Früherkennungsprogramme
-
Patientenabhängige Einflussgrößen.
Die erste Hauptkategorie dominierte klar die Diskussion und konnte in vier Unterkategorien ausdifferenziert werden:
Schlussfolgerung: Die individualisierte Patientenversorgung hat für deutsche Hausärzte einen so zentralen Stellenwert, dass sie auch »Früherkennung« individualisiert - und nicht nach Programmen - betreiben.
Summary
Background: In Germany screening rates are lower than in other European countries. This is even more surprising as screening is well paid on a fee-for-service basis.
Objective: Why do German GPs abstain from screening their patients?
Method: A focus group of eight German GPs discussed the above question. The discussion transcript was analysed by three GPs using the »qualitative content analysis« approach by Mayring.
Results: During the discussion »individualised prevention« took the place of »screening«. We rated this finding as an implicit result. As explicit results we found three main categories:
-
Belief in individualised prevention
-
Scepticism about the effectiveness of screening programmes
-
Patient variables
The first category clearly dominated the discussion. We could differentiate it into four subcategories.
Conclusion: German GPs strongly believe in »individualised doctoring«, even when screening - they ignore the public health approach.
Schlüsselwörter
Allgemeinmedizin - Früherkennung - individualisierte Primärprävention - Fokusgruppe - Qualitative Inhaltsanalyse
Key words
General practice - screening - individualised primary prevention - focus group - qualitative content analysis
Literatur
- 1 Altenhofen L., Brenner G, Reuter P, Stahl V, Topliceanu C. Krankheitsfrüherkennung Krebs - Männer und Frauen. Teilnahmeschätzung für das Jahr 2003. Zentralinstitut der Kassenärztlichen Versorgung, Köln. 2003;
- 2 Monitoring der Gesundheitsuntersuchung gem § 25 SGB V - Auswertung der Berichtsvordrucke des Jahres 1999. Zentralinstitut der Kassenärztlichen Versorgung, Köln. 2001;
- 3 Schaeffer D, Müller-Mundt G. Qualitative Gesundheits- und Pflegeforschung. 1. Auflage. Verlag Hans Huber, Bern. 2002;
- 4 Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse. 6. Auflage. Deutscher Studienverlag, Weinheim. 1997;
- 5 Abholz -H. H.. Bewertung von Krankheitsfrüherkennung und Primärprävention Teil 1: »Krankheitsfrüherkennung«. In: Allhoff, P. G., J. Leidel, G. Ollenschläger, H.-P. Voigt: Präventivmedizin Praxis-Methoden-Arbeitshilfen. Springer Loseblatt, Springer, Heidelberg. 1999;
Gregor Fisseni
Facharzt für Allgemeinmedizin
Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf
Moorenstraße 5, Geb. 14.97, D-40225 Düsseldorf
Zur Person
Gregor Fisseni
Facharzt für Allgemeinmedizin, Jahrgang 1970, Medizinstudium in Homburg/Saar, Rennes, New Orleans und Strasbourg. Von 1998 bis 2003 Weiterbildung zum Allgemeinarzt in Innere/Gastroenterologie, Chirurgie/ Traumatologie, Allgemeinmedizin, NHV und Akupunktur. Seit 2000 in Weiterbildung zum tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapeuten. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Düsseldorf seit Frühjahr 2003. Arbeitsschwerpunkte: Hausärztliche Entscheidungsfindung, Fehlerentstehung und -vermeidung, Früherkennung. Teilnehmer des Professionalisierungskurses III der DEGAM (2003-2005).