Zusammenfassung
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) stellen eine Subentität gastrointestinaler
Weichteiltumoren/-sarkome dar, die in der Vergangenheit überwiegend als Leiomyosarkome
(Leiomyome oder Leiomyoblastome) des Gastrointestinaltrakts bezeichnet und klinisch
durch eine hohe Refraktärität gegenüber konventionellen Zytostatika gekennzeichnet
waren [1]
[2]
[3]. Als Meilenstein in der Weiterentwicklung der Behandlung dieser Tumoren gilt die
Beobachtung von Hirota et al. [4] aus dem Jahr 1998, dass sich bei der überwiegenden Mehrzahl der GIST eine Expression
und eine Mutation der Rezeptortyrosinkinase c-KIT (CD117) nachweisen lassen. Nachdem
der Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib (STI571), der gegen die Tyrosinkinasen c-KIT,
PDGFR, ABL (ABL-BCR) und FLK2 gerichtet ist, erstmals Ende der 90er-Jahre erfolgreich
zur Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie (CML) eingesetzt war, wurde die
Behandlung mit Imatinib bereits 2000/2001 als Therapie der Wahl von GIST etabliert.
In frühen Phase-I/II-Studien wurde rasch erkannt, dass Imatinib (Glivec®) in einem
bis dahin unbekannt hohen Prozentsatz zu einer Tumorrückbildung oder zu einer Größenstabilisierung
von GIST führen kann. Die Wirksamkeit von Imatinib bei GIST gilt seither als Paradigma
für die Aktivität selektiver Tyrosinkinaseinhibitoren bei soliden Tumoren [5]
[6].
In Phase-II und -III-Studien, in die mehr als 1 700 Patienten eingeschlossen wurden,
zeigte sich, dass mit einer Therapie mit Imatinib (Standarddosis 400 mg/Tag) partielle
Remissionsraten (n. RECIST) von etwa 45 - 55 % und eine Tumorgrößenstabilisierung
bei ca. 30 - 35 % der Patienten erreichbar sind. Eine primäre Tumorprogression findet
sich bei nur 10 - 15 % der Patienten. Die Ansprechwahrscheinlichkeit korreliert dabei
maßgeblich mit der Lokalisation der c-kit-Mutation. Mutationen in Exon 11 des c-kit-Gens,
die bei ca. 2/3 der GIST-Patienten auftreten, sind mit einer Ansprechwahrscheinlichkeit
von ca. 80 - 85 % und Mutationen in Exon 9, die bei knapp 20 % der Patienten beobachtet
werden, mit einer Remissionswahrscheinlichkeit von ca. 50 % assoziiert. Bei dem eher
seltenen c-kit-Wildtyp ergibt sich nach bisherigen Daten eine Wahrscheinlichkeit von
ca. 30 - 35 %, eine Tumorstabilisierung („no change”) zu erreichen. Patienten, deren
Tumoren immunhistochemisch keine Expression von c-KIT aufweisen, zeigen zu etwa einem
Drittel (ca. 5 %) eine Mutation des PDGF-Rezeptors. Diese Tumoren scheinen nach bisherigen
Daten ebenfalls eine Remissionswahrscheinlichkeit > 50 % aufzuweisen. Entsprechend
der Korrelation von Mutationsstatus und Remissionschance ist auch die Zeitdauer der
Tumorremission bzw. die Zeitdauer bis zur Tumorprogression (TTP) mit dem Mutationsstatus
assoziiert. So beträgt die TTP bei Patienten mit Exon-11-Mutation ca. 690 Tage (˜
2 Jahre), bei Patienten mit Exon-9-Mutation ca. 180 Tage (˜ 6 Monate) und bei Patienten
mit Wildtyp-KIT ca. 90 Tage (˜ 3 Monate). Die bisherigen Ergebnisse der Phase II/III-Studien
zeigen, dass die 2-Jahres-Überlebensrate (2-JÜR) der mit Imatinib behandelten Patienten
mit irresektablem/metastasiertem GIST bei ca. 80 % liegt. Demgegenüber betrug die
2-JÜR bei Patienten, die mit konventioneller Chemotherapie behandelt wurden, nur ca.
20 - 25 %, wodurch die klinische Aktivität von Imatinib - im bisher retrospektiven
Vergleich - eindrucksvoll belegt ist [7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14].
Inzwischen wurden einige Mechanismen identifiziert, die an der sekundären Resistenz
von Imatinib beteiligt sind. Hierzu zählen funktionelle Resistenzen ohne Neumutationen
von c-kit, Neumutationen oder Amplifikationen von c-kit oder die Aktivierung anderer
Kinasen. Während bei Imatinib-resistenten Patienten derzeit vorrangig alternative
Kinaseinhibitoren - allein oder in Kombination mit Imatinib - geprüft werden, kann
eine Dosiserhöhung von Imatinib von 400 mg/Tag auf 800 mg/Tag bei etwa 30 - 35 % der
„resistenten” Patienten zu einer Größenreduktion oder Tumorgrößenstabilisierung für
einen Zeitraum von durchschnittlich 4 Monaten führen [11]
[13]
[15]
[16]
[17].
Neuere Studienergebnisse zeigen darüber hinaus, dass die Behandlung mit Imatinib kontinuierlich
erfolgen sollte. In dem Bemühen, eine durch Dauertherapie mit Imatinib möglicherweise
induzierte Resistenz durch eine passagere Therapiepause zu vermeiden, fand sich bei
Patienten mit Tumoransprechen auf Imatinib, bei denen die Imatinib-Therapie ausgesetzt
wurde, nach einer Zeitdauer von nur 3 Monaten eine Progressionsrate von ca. 20 %.
Diese und die in weiteren Studien gemachte Beobachtung, dass pathologisch komplette
Remissionen (pCR) nur selten nachzuweisen sind, legen nahe, eine einmal begonnene
Imatinib-Therapie (einschließlich einer Dosiseskalation auf 800 mg/Tag) bis zur nachgewiesenen
Tumorprogression kontinuierlich fortzusetzen. Eine Besonderheit der Resistenzen gegenüber
Imatinib ist, dass diese häufig nur klonal auftreten; d. h. dass nur Einzelherde eine
Resistenz bzw. eine Größenzunahme aufweisen können, während andere Metastasen eine
weitere Größenregredienz oder -stabilität aufweisen. Unter Beibehaltung der Imatinib-Therapie
sollten diese Einzelherde - falls möglich - lokal angegangen werden, beispielsweise
durch Operation oder alternative lokaltherapeutische Verfahren (RFA etc.) [18].
Nebenwirkungen der Imatinib-Therapie treten häufig auf, sind jedoch meist moderat
(Grad 1 oder 2 nach WHO oder NCI-CTC). Am häufigsten werden Ödeme, Muskel-/Gelenkbeschwerden
oder Diarrhön berichtet. Grad 3-4-Toxizitäten werden nur bei bis zu 5 % der Patienten
beobachtet. Selten treten Blutungen auf, die in Einzelfällen jedoch auch einen letalen
Ausgang nehmen können. Hämatologische Nebenwirkungen finden sich - verglichen mit
CML-Patienten - eher selten [6]
[10]
[12]
[13]
[17].
Weitgehend ungeklärt ist bisher, ob sich durch Imatinib eine sekundäre Resektabilität
erzielen lässt und wann der optimale Zeitpunkt für eine sekundäre Operation ist. Bisher
gibt es zu diesen Fragestellungen jedoch nur sehr wenige, retrospektive Daten. Diese
legen nahe, eine Resektion so früh wie möglich, d. h. vor einer potenziellen sekundären
Tumorprogression, vorzunehmen. Gleichfalls deuten die bisherigen Beobachtungen darauf
hin, dass sich eine sekundäre Resektabilität bei bis zu 20 % der Patienten mit primär
irresektablem/metastasiertem GIST erzielen lässt. Dabei sollte die Operation in spezialisierten
und in der Leberchirurgie erfahrenen Zentren erfolgen [19]
[20].
Unklar ist bislang auch, ob eine adjuvante Therapie mit Imatinib die Prognose derjenigen
Patienten verbessern kann, die ein hohes Rückfallrisiko nach Operation des Primärtumors
aufweisen. Hierzu wird derzeit in Deutschland - in Kooperation mit der Scandinavian
Sarcoma Group (SSG) - eine adjuvante Therapiestudie bei (Hochrisiko-)Patienten durchgeführt,
die eine > 50 %ige (bis ca. 90 %ige) statistische Wahrscheinlichkeit aufweisen, innerhalb
von 30 Monaten (Median) an den Folgen ihrer Tumorerkrankung zu versterben. Für Patienten
mit intermediärem Risiko (entsprechend der NCI-Konsensusdefinition 2002) wird in Kürze
eine EORTC-Studie verfügbar sein, in der Imatinib mit einer zunächst therapiefreien
Nachsorge verglichen wird [21]
[22].
Die Therapieüberwachung bei den mit Imatinib behandelten GIST-Patienten stellt neue
Anforderungen an die behandelnden Ärzte und Radiologen. Ein mit der PET-Untersuchung
erkennbares biochemisches Ansprechen lässt sich oft bereits nach wenigen Tagen einer
Imatinib-Therapie verzeichnen, während objektive Remissionen entsprechend den RECIST
(oder WHO-)Kriterien oft erst nach mehreren Monaten erkennbar werden. Inzwischen liegen
erste Ergebnisse vergleichender Untersuchungen vor, die zeigen, dass die Sensitivität
von CT und PET für die Diagnostik vergleichbar ist. Das biochemische Therapieansprechen,
das eng mit dem progressionsfreien Überleben verknüpft ist, korreliert mit in der
CT erkennbaren Größenreduktion > 10 % und/oder einer Dichteabnahme (HU) von > 15 -
25 %. Bei fehlender PET-Verfügbarkeit sind die beiden letztgenannten Kriterien daher
gute Indikatoren für ein Ansprechen der Imatinib-Therapie [23].
Die Forschungsbemühungen der kommenden Jahre werden sich darauf konzentrieren, nachgeordnete
Signaltransduktionswege, die auch an Resistenzmechanismen beteiligt sind, als mögliche
medikamentöse Angriffspunkte für primäre Kombinationstherapien mit Imatinib oder für
Sekundärtherapien nach Imatinib-Versagen zu identifizieren. Die strukturelle Charakterisierung
der Bindungsdomäne für ATP bzw. Imatinib kann möglicherweise dazu beitragen, Moleküle
mit noch weiter verbesserter Affinität zu entwickeln. Von hoher klinischer Relevanz
sind zunächst die Studien zur adjuvanten Therapie mit Imatinib.
Schlüsselwörter
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) - Imatinib - Behandlungsergebnisse - Therapieüberwachung
Key words
Gastrointestinal stromal tumors (GIST) - Imatinib - treatments results - treatment
monitoring