Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - P3648
DOI: 10.1055/s-2004-819769

„Wenns den Kindern hilft“–Psychotherapeutische Elterngespräche mit Migranten

H Adam 1
  • 1Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie

Nach klinischen Erfahrungen in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf befinden sich Migrantenfamilien häufig in einer „Zwischenwelt“. Sie wollen sich in Deutschland niederlassen und haben Hoffnungen in die Migration gesetzt. Sie sind jedoch oft nicht in der Lage, die vorgefundenen Lebensbedingungen so für sich zu nutzen, dass sie für sich eine Perspektive erkennen können. Eine Rückkehr ist ebenfalls meist nicht möglich, da die herrschenden sozioökonomischen Bedingungen in den Herkunftsländern schlechter sind als in Deutschland. Sie sind in der Folge ambivalenten Gefühlen ausgesetzt, einerseits in die Heimat zurückkehren zu wollen, wegen der Umstände dort dieses Vorhaben aber nicht umsetzen zu können. Andererseits wollen sie in Deutschland bleiben, sehen sich aber sozialer Marginalisierung und subjektiver Perspektivlosigkeit ausgesetzt. Die erforderlichen raschen Anpassungsprozesse, die sich aus den sich entwickelnden multiplen Identitäten der Kinder ergeben, überfordern insbesondere die Eltern oft. Traditionelle Problemlösestrategien innerhalb der Familie versagen und führen über Umwege zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe für die Kinder.

Therapeuten sehen sich dann oft überbehütenden oder überfordernden Eltern gegenüber. Diese haben Angst, die Kinder an die deutsche Gesellschaft „zu verlieren“, andererseits wollen sie nur „das Beste“ für das Kind und stellen eigene Wünsche um den Preis großer Enttäuschung zurück. Die psychotherapeutische Elternarbeit mit Migranten ist also neben den offensichtlichen sozialrechtlichen und sprachlichen Problemen weiteren Schwierigkeiten ausgesetzt, bietet aber auch Ansatzpunkte zur erfolgreichen Arbeit mit den Kindern und der Gesamtfamilie. Wesentliche Aspekte dieser Arbeit sollen vorgestellt und vor dem Hintergrund einer Untersuchung in Hamburg zur Frage der psychosozialen Belastung von afghanischen Eltern in Deutschland diskutiert werden.