Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - P3546
DOI: 10.1055/s-2004-819771

Pflegende Angehörige in der Palliativphase – Belastung und Beanspruchung

F Balck 1, G Tchitchekian 1, B Jahn 1
  • 1Medizinische Psychologie Universitätsklinikum Dresden

Pflegende Angehörige mit einem Tumorpatienten im Palliativstadium zeigen eine hohe Beanspruchung, eine ausgeprägte psychische Belastung. Sie nannten Erschöpfung, Trauer und die Dauerbelastung. In den ersten Monaten führte die Dauerbelastung des Angehörigen in 21% zu einer Rehospitalisierung des Patienten. Gefragt wird nach der psychosozialen Belastung der Angehörigen, ihrer Beanspruchungsregulation und der von ihnen erbrachten Pflegeleistung. 115 Angehörige wurden über den Zeitraum eines Jahres insgesamt dreimal untersucht (in der Palliativphase, 3 Monate, 1 Jahr nach der ersten Befragung). Eingesetzt wurden der GBB, SCL, Erholung-Belastungs-Fragebogen (EBF), der Fragebogen zur familiären Unterstützung und Kommunikation (PFUK), die Lebenszufriedenheit (LEZU) und Fragebögen, die die Pflegetätigkeiten, die Selbstwirksamkeit, die soziale Unterstützung und das Coping erfassten. Die Angehörigen sind in hohem Maße zur Pflege bereit und fühlen sich hierzu auch kompetent. 20% beschreiben sich als überfordert mit diesen Tätigkeiten. Die Patienten beurteilen die Überforderung kritischer: sie sehen 30% ihrer Angehörigen als überfordert. Entlastung erfahren die Angehörigen hauptsächlich durch Familienmitglieder, während sich die Patienten durch ihre Lebenspartner entlastet fühlen. Patient und Partner erleben einen größeren Zusammenhalt und eine höhere Übereinstimmung in wichtigen Lebensfragen. Die Angehörigen sind psychisch stark belastet. Sie zeigen eine höhere Aggressivität, Depressivität, Ängstlichkeit und eine Unsicherheit im sozialen Kontakt. Der Pflegeaufwand beträgt 4 St/Tag. Ein Teil der pflegenden Angehörigen kann ihre Beanspruchung über Copingmechanismen oder Erholung nicht ausgleichen, mit der Folge einer körperlichen Erschöpfung und eines psychischen Distress, der sich in Depressivität, Ängstlichkeit und Aggressivität äußert. Konsequenzen aus diesen Ergebnissen für die Betreuung der Angehörigen werden gezogen.