Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - P3585
DOI: 10.1055/s-2004-819779

PTSD-Prävalenz nach Unfällen in Abhängigkeit vom Erhebungszeitpunkt des Traumakriteriums (Kriterium A)

M Braunheim 1, C Lange 1, M Burgmer 1, M Langer 2, MJ Raschke 2, G Heuft 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätsklinikum Münster
  • 2Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster

Fragestellung: Im Rahmen der Münsteraner Traumastudie wurde untersucht, ob und in welcher Weise die Häufigkeit der diagnostizierten Fälle von voll ausgeprägter und subsyndromaler PTSD nach einem Unfall vom Erhebungszeitpunkt des Traumakriteriums abhängig ist.

Methodik: Bei einer konsekutiven Stichprobe von 220 Unfallopfern mit vorwiegend leichten bis mittelschweren Verletzungen wurde unmittelbar nach dem Unfallereignis (T1), 6 (T2) und 12 (T3) Monate später das Vorkommen von posttraumatischer Symptomatik (CAPS) untersucht. Dabei wurde zu allen Zeitpunkten das Traumakriterium (Kriterium A) als subjektive Wahrnehmung der Patienten bezüglich der erlebten Todesbedrohung und Hilflosigkeit im Rahmen des Unfallgeschehens untersucht.

Ergebnisse: Unter der Voraussetzung der Erfüllung des Kriteriums A zum Unfallzeitpunkt wiesen von den zu T2 (T3) untersuchten Unfallopfern 3,5% (2,2%) eine voll ausgeprägte PTSD und 5,7% (3,3%) eine subsyndromale PTSD auf. Wurde jedoch das Vorhandensein von Kriterium A vom Erleben zum jeweiligen Untersuchungszeitpunkt abhängig gemacht, so zeigten zu T2 (T3) 6,3% (3,3%) der untersuchten Unfallopfer ein PTSD-Vollbild und 7,1% (4,4%) eine subsyndromale PTSD. Grund hierfür ist das gegenüber T1 gehäufte Erleben des Unfallgeschehens als lebensbedrohlich zu T2 und T3. 19,7% (20,9%) der Patienten erfüllten zu T2 (T3) das Kriterium A, ohne dies zu T1 erfüllt zu haben.

Diskussion: Die Diagnosestellung einer PTSD zeigte sich in erheblichem Maße abhängig vom zugrunde gelegten Erhebungszeitpunkt des Traumakriteriums (Kriterium A). Die Häufigkeit des Erlebens des Unfallgeschehens als traumatisch scheint mit dem zeitlichen Verlauf zuzunehmen. Die Wahl des Zeitpunktes zur Erfüllung von Kriterium A ist somit bedeutsam für die Bewertung von Prävalenzzahlen für die Entwicklung einer PTSD nach einem Unfallereignis.