Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - P3572
DOI: 10.1055/s-2004-819820

Der Einfluss des Essverhaltens auf die Gewichtsentwicklung nach chirurgischer Adipositastherapie

R Kielmann 1, A Wolf 2, B Husemann 3, C Stroh 4, W Senf 1, S Herpertz 5
  • 1Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Essen
  • 2Abteilung für Viszeral- und Transplantationschirurgie, Universitätsklinik Ulm
  • 3Chirurgische Abteilung des Dominikus-Krankenhaus Düsseldorf
  • 4Chirurgische Abteilung des Klinikums der Stadt Gera
  • 5Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Zentrum für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Dortmund, Ruhr-Univ. Bochum

Fragestellung: Gegenstand der Untersuchung ist die Veränderung und der Einfluss des Essverhaltens auf die Gewichtsentwicklung nach chirurgischer Adipositastherapie.

Methode: 149 Patienten (47 Männer (32%), 102 Frauen (68%), Alter: 38,8 ± 10,3 Jahre) wurden mittels standardisierter Fragebögen (Fragebogen zum Essverhalten, FEV) und strukturiertem Interview (strukturiertes Interview für Anorexia und Bulimia nervosa, SIAB) vor (T1) und mindestens zwölf Monate (14±1,5 Monate) nach restriktiver Magenoperation (T2) untersucht.

Ergebnisse: Der durchschnittliche BMI vor der Operation lag bei 50,9 +8,1kg/m2, er sank um durchschnittlich 12,8kg/m2 auf 38,6±6,8kg/m2 (p=0,000) zu T2.

Entsprechend den Kriterien des DSM-IV lag die Punktprävalenz der Binge-Eating-Störung vor der Operation bei 2,0% (Lebenszeitprävalenz 7,4%), allerdings berichteten 20,1% der untersuchten Patienten über rezidivierende Essanfälle ohne alle Kriterien einer Binge-Eating-Störung zu erfüllen. 19,5% der Patienten schilderten vor der Operation ein gestörtes Essverhalten in Form von dauerhaftem Essen („grazing“).

Das Essverhalten veränderte sich auf allen Dimensionen des FEV (kognitive Kontrolle, Störbarkeit, Hunger). Patienten mit einem Gewichtsverlust von mindestens 25% ihres präoperativen Gewichts („erfolgreiche Patienten“) hatten zu T2 signifikant weniger Hunger und zeigten eine geringere Störbarkeit des Essverhaltens verglichen mit Patienten mit einem geringeren Gewichtsverlust. Patienten mit großem Verlangen nach Süßem zu T2 nahmen signifikant weniger Gewicht ab. Patienten mit Essanfällen oder „grazing“ vor der Operation unterschieden sich im Hinblick auf den durchschnittlichen Gewichtsverlust nicht von Patienten ohne pathologisches Essverhalten.

Diskussion: Postoperatives, nicht jedoch präoperatives Essverhalten sind von prädiktivem Wert für das Ausmaß der Gewichtsreduktion nach restriktiver Adipositaschirurgie.