Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - P3567
DOI: 10.1055/s-2004-819831

Prädiktoren für die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung

C Lange 1, M Burgmer 1, M Braunheim 1, M Langer 2, MJ Raschke 2, G Heuft 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätsklinikum Münster
  • 2Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster

Fragestellung: Im Rahmen der Münsteraner Traumastudie wurden in einem prospektiven Längsschnittdesign die psychosozialen Auswirkungen unfallbedingter Verletzungen untersucht. Dabei wurde überprüft, welche Faktoren die Entwicklung traumaassoziierter psychischer Störungen 6 Monate nach einem Unfall entscheidend beeinflussen.

Methodik: In Kooperation mit der Klinik für Unfall- und Handchirurgie wurden konsekutiv bei 220 Patienten nach einem Unfall (T1) sowie 6 Monate später (T2) klinische Interviews zur prämorbiden Persönlichkeit und zur aktuellen psychischen Befindlichkeit (SKID, BSS, GAF) durchgeführt. Neben einer umfangreichen Fragebogenbatterie (HADS, FKV, SOC) wurden Daten zum Unfallhergang sowie zur Verletzungsschwere erhoben.

Ergebnisse: Im Vergleich zu T1 zeigte sich 6 Monate nach dem Unfall bei den befragten Unfallopfern eine signifikant höhere psychoziale Beeinträchtigung, fast doppelt so viele Patienten wie zu T1 (22%) waren behandlungsbedürftig. Bei 6,3% der Patienten lag eine voll ausgeprägte (T1: 0,5%) bei 7% eine subsyndromale (T1: 3,8%), posttraumatische Belastungsstörung vor. Darüber hinaus entwickelten 11% der Patienten eine neue psychische Störung nach ICD-10. Die psychische Reaktion direkt nach dem Unfall, die prämorbide psychische Befindlichkeit im Jahr vor dem Unfall sowie das Geschlecht erwiesen sich als wichtigste Prädiktoren für den Schweregrad einer PTSD 6 Monate nach dem Unfall. Auf die Entwicklung einer anderen traumaassoziierten psychischen Störung hatte die subjektiv wahrgenommene Verursachung des Unfalls, der Copingstil, verfügbare Ressourcen sowie der Schweregrad der Belastungsreaktion direkt nach dem Unfall den größten Einfluss.

Diskussion: Diese Ergebnisse machen deutlich, dass eine Identifizierung gefährdeter Unfallopfer direkt nach dem Unfallereignis möglich ist. Diese könnten einem entsprechendem Interventionsprogramm zugeführt werden, wodurch langfristig traumaassoziierte psychische Störungen vermeidbar wären.