Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - P3611
DOI: 10.1055/s-2004-819841

Die Herzfrequenzvariabilität als Tool zur Steuerung präventivmedizinischer Maßnahmen

M Mück-Weymann 1
  • 1Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Univ.-Klinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden

Die Herzfrequenzvariabilität (HFV) spiegelt verschiedene komplexe „Regelaktivitäten“ des autonomen Nervensystems sowie anderer (z.B. humoraler oder zentralnervöser) Integrationssysteme global–z.B. im Sinne adaptiver oder assimilativer Prozesse–wider. Strukturelle (z.B. Herzinfarkt, Herzinsuffizienz), pharmakologische (z.B. Antidepressiva) oder funktionelle Einflüsse (z.B. Bluthochdruck, Stress, Depressivität) können etwa Adaptivität und damit die HFV einschränken. Der Globalindikator HFV fasst die Aktivität psycho-neuro-kardialer Funktionskreise zusammen und kann auch Auskunft über protektive und ressourcenorientierte Faktoren (z.B. Entspannung, Freude, Betablocker) geben, die meist mit einer Steigerung der HFV einhergehen. In einer gut ausgeprägten HFV bilden sich Schwingungsfähigkeit und Reagibilität des kardio-respiratorischen Systems sowie der an seiner autonomen–teilweise durch mentale bzw. psychische Prozesse modulierbaren–Steuerung beteiligter Strukturen ab. Überforderung oder Schädigung des „adaptiven Systems“ spiegelt sich in einer eingeschränkten HFV wider. Insbesondere Änderungen der HFV unter Stress-Applikation und während nachfolgender Erholung stellen ein gutes Maß für die individuelle Anforderungs-/Bewältigungs-Balance dar. Die HFV-Messung eignet sich in Kombination mit psychometrischen Verfahren gerade auch zum Screening bei präventivmedizinischen Fragestellungen. So kann beispielsweise die HFV mittels einfacher und kostengünstiger Messsysteme simultan zur Beantwortung von Fragebögen (z.B. zu Wohlbefinden oder Stressbelastung) bei Beschäftigten in Betrieben regelmäßig erfasst und zur Steuerung präventivmedizinischer Gesundheitsangebote (Gespräche, Entspannungskurs, Sport etc.) verwandt werden. Ein Beispiel für die Erfassung dieser Daten via Internet ist zur Veranschaulichung schon unter www.wohlfuehltest.de realisiert. Methodische, technische und psychophysiologische Möglichkeiten, Vorzüge und Grenzen der Methode werden im Vortrag diskutiert.