Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - V3624
DOI: 10.1055/s-2004-819867

Einfluss einer ambulanten Interventionstherapie auf kardiovaskuläre Risikofaktoren von adipösen Patienten mit einer Essstörung

S Schild 1, HC Friederich 1, D Schellberg 1, A Quenter 1, W Herzog 1, S Zipfel 1
  • 1Abteilung für Allgemeine Klinische und Psychosomatische Medizin, Medizinische Universitätsklinik Heidelberg

Einleitung: Ein Überwiegen des Sympathikotonus mit erhöhter Herzfrequenz wird als pathophysiologisch bedeutsamer Faktor für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko adipöser Patienten diskutiert.

Ziel der vorliegenden Untersuchung war es zu prüfen, inwieweit im Rahmen einer ambulanten Interventionstherapie eine Verbesserung der kardiovaskulären Funktionsparameter erreicht werden kann, und inwieweit diese unabhängig vom Gewichtsverlauf auch durch die Behandlung essstörungsspezifischer Symptome mitbeeinflusst sind.

Methode N=32 übergewichtige Patienten (Alter: MW: 46,8; SD: 7,7 Jahre; BMI: MW: 37,8; SD: 5,37kg/m2) mit einer Essstörung wurden vor und nach einem 4-monatigen, multimodalen Gruppeninterventionsangebot untersucht. Die Behandlung umfasste eine Kombination aus kognitiver Verhaltenstherapie, Ernährungsschule und Bewegungstherapie. Die Messung der kardiovaskulären Parameter erfolgte mithilfe eines rechnergestützten Komplettsystems. Für die Diagnostik der psychischen Komorbidität sowie des Essverhaltens und des Körperbildes wurden semistrukturierte Interviews (SCID, SIAB) sowie Fragebogeninstrumente (PHQ-D, FEV, FKB 20) eingesetzt.

Ergebnis: Nach Abschluss der Therapie zeigte sich für die Gesamtgruppe ein signifikanter Abfall der Herzfrequenz (p=0,005) sowie eine leichte Reduktion des Blutdrucks. Die Herzfrequenzabnahme war signifikant korreliert mit der Gewichtsabnahme (r=-0,54; p=0,002). Ferner konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Herzfrequenz und der Veränderung der Störbarkeit des Essverhaltens (FEV) sowie der ablehnenden Körperbewertung (FKB 20) festgestellt werden (r=-0,42; p=0,02; r=-0,47; p=0,01). Der Einfluss der Veränderung des Essverhaltens sowie des Körperbildes auf die Herzfrequenz war unabhängig von der Gewichtsänderung nachweisbar.

Diskussion: Die vorliegenden Ergebnisse lassen vermuten, dass in der Behandlung von adipösen Patienten mit einer Essstörung neben der Gewichtsabnahme auch die Therapie essstörungsspezifischer Symptome nicht nur für das psychische Wohlbefinden sondern auch im Hinblick auf kardiovaskuläre Risikofaktoren von Bedeutung ist.