Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - P3530
DOI: 10.1055/s-2004-819880

Trauma, PTSD, Inanspruchnahmeverhalten und psychosoziale Funktion bei Patienten einer psychosomatischen Klinik

S Tagay 1, S Herpertz 2, M Langkafel 3, W Senf 3
  • 1Rheinische Kliniken Essen, Kliniken/Institut der Universität Essen, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
  • 2Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum
  • 3Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Essen

Fragestellung: Im Rahmen einer Studie zur Versorgungsforschung untersuchten wir (1) die Häufigkeit traumatischer Ereignisse und posttraumatischer Belastungsstörung (PTSD) der großstädtischen Inanspruchnahmeklientel einer psychosomatisch-psychotherapeutischen Ambulanz einer Universitätsklinik mit regionalem Versorgungsauftrag und (2) in welcher Beziehung Traumata und PTSD mit Somatisierung, Depressivität, Angst und dem Kohärenzgefühl stehen. Methodik: In einer konsekutiven Querschnittsstudie wurden 583 ambulante Patienten (Altersmittelwert 35,3 Jahre, SD 12,5) mit der Posttraumatic Diagnostic Scale (PDS), der Impact of Event Scale (IES-R), der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS-D), dem Screening für somatoforme Störungen (SOMS) und dem Fragebogen zum Sense of Coherence (SOC) untersucht. Ergebnisse: 63,1% der Patienten gaben zwar an, mindestens ein traumatisches Erlebnis in ihrem Leben gehabt zu haben, jedoch nur 34,3% der Gesamtstichprobe erfüllten das Traumakriterium nach DSM-IV. Frauen und Männer unterschieden sich nicht im Hinblick auf Trauma- und PTSD-Prävalenz voneinander. 10,1% der Patienten waren PTSD-positiv. Patienten mit PTSD-positivem Screening zeigten gegenüber Traumatisierten ohne PTSD und Nicht-Traumatisierten die höchsten Werte in Somatisierung (p<0,000), Depressivität (p<0,000), Angst (p<0,01) und das geringste Kohärenzgefühl (p<0,000). Diskussion: Auch wenn sich bei dem sehr hohen Anteil von Patienten (63%), die wenigstens ein traumatisches Erlebnis angeben (DSM-IV: 34%), eine PTSD nur bei einem geringeren Anteil objektivieren lässt (10%), ist der Anteil von Patienten mit einem klinisch relevanten Trauma hoch. Hinsichtlich der Prävalenz traumatischer Erfahrungen lassen sich keine Geschlechtseffekte nachweisen. Von großer klinischer Bedeutung ist die hohe Korrelation von PTSD mit hohen Werten bei Somatisierung, Angst, Depressivität und niedrigem Kohärenzgefühl z.B. hinsichtlich der Implikationen für das diagnostische und therapeutische Vorgehen.