Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - AB8
DOI: 10.1055/s-2004-822470

Ein Computerprogramm zur Erfassung von Körperschemata bei essgestörten Patientinnen und ihren Angehörigen

D Benninghoven 1, E Jürgens 2, S Kunzendorf 1, G Jantschek 1
  • 1Medizinische Klinik II/Psychosomatik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
  • 2Privat

Fragestellung: Essstörungen gehen häufig mit Störungen in der Wahrnehmung des eigenen Körpers einher. Bislang wurden Körperschemastörungen über Fragebogenverfahren oder schematische Zeichnungen erfasst. In der vorliegenden Arbeit wurde der Frage nachgegangen, inwieweit sich ein computerunterstütztes Vorgehen zur Erfassung von Körperschemastörungen bei essgestörten Patientinnen und ihren Angehörigen eignet.

Methodik: Vorgestellt wird ein Computerprogramm, mit dem das eigene Körperbild aus unterschiedlichen Blickwinkeln modelliert werden kann. Es werden das Real- und das Wunschbild des eigenen Körpers erfasst, wie Durchschnittspersonen des eigenen Alters aussehen und welche Körperbilder Menschen anderen Geschlechts attraktiv finden.

Das Programm bietet die Möglichkeit, Körperschemata, die die Angehörigen von sich selbst und von den betroffenen Patientinnen haben, zu erfassen. Die ausgewählten Körperschemata wurden mit anthropometrischen Daten (BMI, Körperfettanteil) sowie mit Fragebogendaten (Fragebogen zum Körperbild FKB-20) verglichen. Bislang liegen Daten von 50 Patientinnen und Patienten vor (30 Patientinnen mit Anorexia nervosa, 20 Patientinnen mit Bulimia nervosa).

Ergebnisse: Alle Patientinnen und ihre Angehörigen hatte mit der Anwendung des Computerprogramms keine größeren Schwierigkeiten. Die vorläufige Auswertung zeigt, dass Anorexie-Patientinnen ihren Körperfettanteil eher über-, während Bulimie-Patientinnen ihren Körperfettanteil eher unterschätzen. Die Mütter unterschätzen den eigenen Körperfettanteil, während die Väter eine genauere Einschätzung ihres eigenen Körpers abgeben. Eine Überschätzung des eigenen Körperfettanteils geht mit einem als unbefriedigender erlebten Körperbild im FKB-20 einher.

Diskussion: Die vorgestellte Methodik scheint geeignet, ein für die Diagnose von Essstörungen wesentliches Kriterium valide zu erfassen. Die Familieneinschätzungen bestätigen klinische Eindrücke. Aufgrund der berichteten Ergebnisse finden bereits Veränderungsmessungen zur Behandlungsevaluation unter Einsatz der Methodik statt. Ein Kontrollgruppenvergleich wird erarbeitet.