Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - AB10
DOI: 10.1055/s-2004-822472

Psychosomatische Beschwerden, psychischer Distress und Arbeitslosigkeit. Ergebnisse einer Längsschnittstudie

H Berth 1, P Förster 2, E Brähler 3
  • 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinische Psychologie
  • 2Forschungsstelle Sozialanalysen
  • 3Universität Leipzig, Selbständige Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie

Hintergrund: Es konnte gezeigt werden, dass Arbeitslosigkeit zu einem schlechteren Gesundheitszustand führt. Die Kausalitätshypothese besagt daher: Arbeitslosigkeit macht krank. Dem entgegen steht die Selektivitätshypothese: Personen die kränker sind, werden eher arbeitslos. Diese Hypothesen werden hinterfragt.

Methode: Seit 1987 wird longitudinal ein Sample im Rahmen der Sächsischen Längsschnittstudie befragt (Förster 2002). Im Jahre 2003 wurde die 17. Erhebungswelle mit N=423 Personen (Alter 30,01 Jahre) durchgeführt. Es wurden Instrumente zur Messung der psychischen Befindlichkeit (z.B. GBB-24, HADS) und eigens entwickelte Fragebogen eingesetzt.

Ergebnisse: Nur ein Drittel der Befragten war bislang niemals arbeitslos. Der Gesundheitszustand variiert deutlich in Abhängigkeit von der Dauer bzw. der Häufigkeit von Arbeitslosigkeitserfahrungen. Arbeitslose haben einen höheren psychischen Distress, mehr Körperbeschwerden, mehr Angst und Depression und eine geringere Selbstwirksamkeitserwartung (Berth et al. 2003). Der geschilderte psychische Distress–erhoben Mitte der 90er Jahre–steht in signifikantem Zusammenhang mit der Dauer der Arbeitslosigkeit im Jahre 2003.

Diskussion: Für beide Hypothesen finden sich Belege in den Daten. Arbeitslose haben einen insgesamt deutlich schlechteren subjektiv erlebten Gesundheitszustand (Kausalität). Auf die Selektivität deuten Zusammenhänge zwischen in frühen Wellen erhobenen Parametern des Gesundheitszustandes und den bis zur letzten Erhebung gemachten Arbeitslosigkeitserfahrungen hin. Daher ist von einer Kombination beider Hypothesen auszugehen.