Immer auf Achse – die mobile Gesellschaft und ihre Folgen für Körper und Seele

Die Folgen der zunehmenden Mobilität in unserer Gesellschaft für die körperliche und seelische Gesundheit sind weitgehend unbekannt. Insbesondere den gesundheitlichen Gefahren durch berufliches Pendeln wird heute noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Durch die Zunahme der Entfernungen zwischen Wohn- und Arbeitsort entstehen neue mobile Lebensformen: Fernbeziehungen (LATs – living apart together), Wochenendpendler (Shuttles), Umzugsmobile, Varimobile und Fernpendler. Letztere nehmen in aller Regel täglich lange Anfahrtswege zur Arbeit in Kauf, um den gemeinsamen Wohnort des Paares oder der Familie zu erhalten.

Anhand bisheriger Studien kann vermutet werden, dass bei Fernpendlern vor allem Somatisierungsstörungen häufig sind und nicht adäquat behandelt werden. Die veränderten Arbeitsrhythmen wirken sich insbesondere in Form von Schlafstörungen aus. Durch die Verkürzung der Schlafdauer kommt es zu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen und häufigeren Wege- und Arbeitsunfällen. Wechselnde Arbeitszeiten beeinflussen zusätzlich in erheblichem Ausmaß das Familienleben, die Partnerschaft und Sexualität. Während bislang die Stressreaktionen und Belastungen von Autopendlern im Mittelpunkt des Interesses standen, wendet sich die Forschung erst seit wenigen Jahren den Pendlern in öffentlichen Verkehrsmitteln zu.

Unklar ist, wie das Pendeln so gestaltet werden kann, dass negative Konsequenzen minimiert werden können. Ein weiteres Forschungsdefizit besteht bei den möglichen positiven Auswirkungen des Pendelns zwischen Wohn- und Arbeitsort sowie bei den Langzeitfolgen des Pendelns. Eine stärkere Berücksichtigung des Arbeitsweges sowie der arbeitsgebundenen Zeit und deren gesundheitlichen Implikationen erscheinen somit wünschenswert. Die medizinische und psychosoziale Versorgung dieser zeitlich stark beanspruchten Gruppe bedarf dringend der Verbesserung.