Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - AB58
DOI: 10.1055/s-2004-822520

Belastungen und deren Verarbeitung bei Angehörigen älterer Tumorpatienten – Bestandsaufnahme und Interventionsmöglichkeiten

N Kotkamp-Mothes 1, B Röhrig 1
  • 1Institut für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Jena

Fragestellung: In psychoonkologischen Studien sind sowohl ältere Patienten als auch deren Angehörige im Vergleich zur Inzidenz deutlich unterrepräsentiert. Die spezifische Situation von Angehörigen älterer Tumorpatienten untersucht derzeit eine von der Deutschen Krebshilfe geförderte Studie. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die psychosozialen Belastungen der Angehörigen, die psychische Verarbeitung und Möglichkeiten der Entlastung. Zudem soll der Einfluss von relevanten Kontextfaktoren ermittelt werden.

Methodik: Mit derzeit 44 Angehörigen (30=w, 14=m, Alter: mean=47) wurde während der Primärbehandlung ein halbstrukturiertes Interview durchgeführt und dabei u.a. subjektive Belastungen, Aspekte der Beziehung, Bewältigungsverhalten, Ressourcen sowie Unterstützungswünsche erfragt. Ergänzend werden Fragebögen eingesetzt (soziodem. Daten, Globalbelastung, GBB –24, BDI, FLZ, Beziehungs-FB, Pflegebedürftigkeit und Resilienz).

Ergebnisse: Es werden vorläufige Ergebnisse berichtet. Datenerhebung und -auswertung sind noch nicht abgeschlossen. Die befragten Angehörigen erleben in erster Linie emotionale (49%), gefolgt von sozialen (26%), instrumentellen (19%) und körperlichen Belastungen (6%). Männliche Partner berichten im Vergleich zu Söhnen primär instrumentelle Belastungen. Ressourcen im Kontrollverhalten gehen mit signifikant niedrigeren Belastungswerten einher (Depressivität: p=.011, Beschwerdedruck: p=.036, Globalbelastung: p=.077). Erleben Angehörige ihr soziales Netzwerk als ausreichend, dann zeigen sie ein tendenziell geringeres Maß an Depressivität. Mit zunehmender emotionaler Abhängigkeit steigen die Belastungswerte. Die Unterschiede bzgl. Depressivität (p=.002) und Beschwerdedruck (p=.057) sind zumindest in der Tendenz signifikant. Primäre Unterstützungswünsche der Angehörigen beziehen sich auf eine verstärkte Einbeziehung in den Behandlungsprozess sowie eine psychosoziale Betreuung der Patienten. Dies impliziert neben psychosozialen Betreuungsangeboten eine Weiterbildung des medizinischen Personals.

Zusammenfassung: Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Angehörige älterer Tumorpatienten hohen psychischen Belastungen ausgesetzt sind, die durch entsprechende Interventionsprogramme abgemildert werden könnten.