Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - AB78
DOI: 10.1055/s-2004-822540

Kindheitsbelastung und Coping bei Patienten mit somatoformen Störungen

R Nickel 1, F Petrak 1, B Kappis 1, J Hardt 1, UT Egle 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinik Mainz

Fragestellung: In der vorliegenden Arbeit wird der Zusammenhang zwischen den Coping-Strategien von Patienten mit somatoformen Störungen und Leitsymptom Schmerz einerseits und Kindheitsbelastungsfaktoren andererseits untersucht. Berücksichtigt wird das Vorhandensein einer psychischen Komorbidität. Methode: 327 konsekutiv untersuchte Patienten erfüllten die Kriterien einer somatoformen Schmerzstörung oder einer Somatisierungsstörung mit Leitsymptom Schmerz. Bei allen Patienten wurde sowohl eine SKID-I- und SKID-II-Diagnostik als auch eine strukt. biograph. Anamnese (MSBA) durchgeführt. Die Coping-Strategien wurden mithilfe des Coping Strategy Questionnaires (CSQ), dt. Version, erfasst. Ergebnisse: Höheres „Katastrophisieren“ ist mit der psychischen Erkrankung eines Elternteils, emotionaler Vernachlässigung und häufigem Streit zwischen den Eltern assoziiert. Katastrophisieren ist zudem in der Gruppe der Patienten mit komorbiden psychischen Erkrankungen erhöht, die Gruppe, die mehr Kindheitsbelastungsfaktoren aufweist. Bei vorhandenem sexuellem Missbrauch ist lediglich das Schmerzverhalten verstärkt, während bei körperlicher Misshandlung in der Kindheit die Coping-Strategien „Umdeuten“ und „Selbstinstruktion“ in höherem Maße eingesetzt werden. In der Stichprobe zeigt sich darüber hinaus kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Kumulation von Kindheitsbelastungsfaktoren und eingesetzten Coping-Strategien. Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass innerhalb einer symptomhomogenen Patientengruppe Unterschiede hinsichtlich der Coping-Strategien bestehen. Diese sind nur teilweise auf eine unterschiedliche Kumulation von Kindheitsbelastungsfaktoren in den Subgruppen zurückzuführen. Vielmehr zeigten reale Beziehungserfahrungen in der Kindheit einen Zusammenhang mit der Bevorzugung bestimmter Coping-Strategien im Erwachsenenalter.