Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - AB99
DOI: 10.1055/s-2004-822561

Depression und kardiale Reaktivität

H Schauenburg 1, J Ehrenthal 1, M Fey 1, C Herrmann-Lingen 1
  • 1Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Universität Göttingen

Hintergrund: Zahlreiche Untersuchungen deuten auf einen Zusammenhang zwischen komorbider Depression und einer erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrate bei KHK- bzw. Post-Infarkt-Patienten hin. Gründe dafür werden u.a. in einer bei depressiven Patienten veränderten sympathischen und parasympathischen Innervation des Herzens vermutet. Die Frage, ob diese veränderte Innervation primär eine Folge der Depression oder aber der Herzerkrankung selber darstellt, konnte aufgrund der Tatsache, dass selten herzgesunde depressive Patienten auf ihre Herzfunktion hin untersucht worden sind, bisher nicht geklärt werden.

Methodik: In der Studie wurden bislang 24 Patienten mit mittelschwerer oder schwerer Depression (mit und ohne Medikation) sowie eine ebenso große alters- und geschlechtsgematchte Kontrollgruppe auf Unterschiede in der Innervation des Herzens hin untersucht. Während simulierter Stresssituationen (Kopfrechnen, Anger recall) und in der nachfolgenden Ruhephase wird die kardiovaskuläre Regulation dabei mittels hämodynamischer Messwerte (peripherer Gefäßwiderstand, positive Inotropie, Schlagvolumen), der Absolutwerte und Variabilitäten des „Beat-to-beat“ gemessenen Blutdrucks und der Herzfrequenz sowie mittels Barorezeptorsensitivität erfasst.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass Depressive, ausgehend von höheren Ausgangswerten, eine signifikant geringere Reagibilität ihrer Herzfrequenz (HR) in den beobachteten Stresssituationen haben als die Kontrollgruppe (HR-Differenz Ruhe vs. Rechnen: Pat. + 6,8 bpm; KG: +14,2 bpm; HR-Differenz Ruhe vs. Anger Recall: Pat. +4,5 bpm, KG +11,8 bpm; Wilks Lambda für Messwiederholungen: p=0,002). Ähnliches gilt für den systolischen Blutdruck (p=0,065). Die Einnahme von SSRI’s bzw. explizit herzwirksamen Medikamenten (trizyklische Antidepressiva, Antihypertensiva) hat in dieser Stichprobe keinen Einfluss auf die beobachteten Parameter.

Diskussion: Die Daten zeigen, dass der bekannte Befund einer „starren“ Herzregulation bei Depressiven in dieser sorgfältig zusammengestellten Stichprobe bestätigt werden kann. Nächste Auswertungen werden weitere kardiale Parameter erfassen und neben der aktuellen Depression auch die eher zeitüberdauernden Merkmale des Bindungsverhaltens einbeziehen.