Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 17
DOI: 10.1055/s-2004-829222

Isolierter fetaler Aszites: prä- und postnataler Fallbericht

J Gietzelt 1, O Kannt 1, E Wiedersberg 1, H von Suchodoletz 1, H Hansen 1
  • 1Helios-Kliniken Schwerin, Kinderchirurgische Klinik, Frauenklinik (Schwerin, Deutschland)

Einleitung: Das Vorkommen eines isolierten fetalen Aszites ist sehr selten. Im Gegensatz zum Hydrops universalis spielen hier lokale abdominale Probleme die Hauptrolle.

Kasuistik: Mutter: 23-jährige I. Gravida. In 16. SSW sonografisch Feststellung eines isolierten Aszites beim Feten. Pränatale Untersuchungen in auswärtiger Klinik: Infektionsserologie: Ausschluss der wichtigsten konnatalen Infektionen; US-Feindiagnostik: kein Anhalt für Fehlbildungen; Fruchtwasserpunktion: zytologisch: „Mesothelzellen(?)“; normale AFP-Konzentration; Ausschluss von ca. 25 Stoffwechselerkrankungen und der 28häufigsten Mutationen des CFTR-Gens (Mukoviszidose). Chromosomensatz: 46,XX. Ergebnis: Verdacht auf Chylaszites.

Weitere Betreuung in unserer Frauenklinik. Wegen Polyhydramnion und schwerer Zervixinsuffizienz Geburt durch primäre Sectio abdominalis mit 30 +0 SSW. Geburtsgewicht geschätzt 2250g, minimales Gewicht 1430g.

Kind p. n. bradykard, schlaff, ohne Spontanatmung. Sofortige Intubation und Beatmung. Wegen ungenügender Erholung sofort Punktion des massiv aufgetriebenen Abdomens und Entleerung von 800ml Aszites, danach problemlose Beatmung.

Untersuchung des Aszites: gelbliche Flüssigkeit; AFP größer 150000 ng/l; Zytologie: 79% stark schaumige Makrophagen (unsere MTA: „solche Makrophagen kommen nur im Fruchtwasser vor“), daher Aszites=verschlucktes Fruchtwasser: Verdacht auf Darmperforation.

2. Ltg. Laparotomie: Mekoniumperitonitis, Atresie im proximalen Jejunum, Perforation unmittelbar davor, weitere Darmatresie im Colon ascendens; Anlage von 4 Enterostomata. Nach 14 Tagen bei radiologisch durchgängigem Dünndarm. Relaparotomie mit Jejunumanastomose. Interkurrent mit 5 Wochen Subileussymptomatik, bei Relaparotomie Korrektur einer Stenose im Bereich der Anastomose. Problemlose weitere Aufzucht. Mit 5 Monaten Anastomosierung des Colon ascendens. Mit 7 Monaten gutes Gedeihen des vollgestillten Kindes.

Schlussfolgerungen: Der isolierte fetale Aszites muss unbedingt vom Hydrops universalis unterschieden werden. Beim isolierten Aszites sollte primär an lokale abdominale Ursachen gedacht werden. Andere Differentialdiagnosen: Probleme im Herz-Kreislaufsystem (fetale Herzinsuffizienz, andere kardiovaskuläre Probleme, Anomalien des Lymphsystems mit Ruptur und Chylaszites), Ruptur parenchymatöser Organe oder Hohlorgane. Die Ruptur von Magen oder Darm mit Austritt von Fruchtwasser in die freie Bauchhöhle (z.B. Mukoviszidose, Perforation von Magen/Darm durch Wandtexturstöung oder Atresie) dürfte die naheliegendste Ursache des isolierten fetalen Aszites sein. Die zytologische Untersuchung des Aszitespunktates durch erfahrene Untersucher kann präoperativ sehr helfen; moderne Analyseautomaten können uns diesbezüglich im Stich lassen.