Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 31
DOI: 10.1055/s-2004-829236

EXIT (ex utero intrapartum treatment) bei massivem intrathorakalen und zervikalem Lymphangiom. Ein Fallbericht

T Strahleck 1, Kroll M 1, Mielke G 2, Fünfgeld C 3, Stelzner J 4, Lochbühler H 5, Vochem M 1
  • 1Pädiatrie IV, Neonatologie, Klinikum Stuttgart, Olgahopital (Stuttgart, Deutschland)
  • 2Schwerpunktpraxis Pränatalmedizin (Stuttgart, Deutschland)
  • 3Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, Marienhospital Stuttgart (Stuttgart, Deutshcland)
  • 4Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin, Klinikum Stuttgart, Olgahospital (Stuttgart, Deutschland)
  • 5Kinderchirurgische Klinik, Klinikum Stuttgart, Olgahospital (Stuttgart, Deutschland)

Nach zunächst unauffälligem Schwangerschaftsverlauf mit 32 SSW Beobachtung eines Polyhydramnions und einer fetalen Makrosomie. Im Fehlbildungsultraschall Diagnose eines ausgeprägten multizystischen Tumors intrathorakal und zervikal, am ehesten einem Lymphangiom entsprechend.

Die Planung der weiteren Versorgung erfolgte multidisplinär durch Pränataldiagnostiker, Kinderradiologie, Anästhesie, Geburtshilfe, Neonatologie, HNO und Kinderchirurgie. Die Durchgängigkeit der Atemwege konnte durch Pränataldiagnostiker dargestellt werden.

Mit 36+5 SSW EXIT bei primärer Sectio. Bei alleinig aus dem Uterus entwickeltem Kopf unter erhaltener Plazentarperfusion Intubation mit direkter Laryngoskopie. In Bereitschaft standen Teams zur endoskopischen Intubation und Tracheotomie. Erst nach Intubation vollständige Entwicklung und Geburt des Kindes, Beginn der maschinellen Beatmung und weitere neonatologische Versorgung.

An beiden Halsseiten, rechts mehr als links, fanden sich massive prall-weiche kugelige Tumoren mit 8–10cm Durchmesser. Weiter wurden apikale thorakale Raumforderungen nachgewiesen, die Lunge, Herz und Oberbauchorgane nach unten verdrängten, zusätzlich Pleuraergüsse, die postnatal abpunktiert wurden. In den ersten Lebensstunden trat ein drainagebedürftiger Spannungspneumothorax rechts auf. Nach kernspintomographischer Darstellung erfolgte eine Thorakotomie und Exstirpation des Tumors rechtsseitig im Thorax- und Halsbereich am ersten Lebenstag. Weitere kinderchirurgische Therapie: am 4. LT. Exstirpation des thorakalen und zervikalen Lymphangioms links, Perikardfensterung, Pleurodese, 18. LT. Sklerosierung mit OK 432 nach Punktion einer Zyste, 23. LT: Sternotomie und Exstirpation des mediastinalen Anteils, 38. LT: Pleurodese und Sklerosierung mit OK 432. Eine Beatmung war vom 1.- 10. LT und 18.- 28. LT nötig, nasaler CPAP vom 28. LT –47. LT, Sauerstoffgabe bis zum 45 LT. Pleuraergüsse bds. waren drainiert und abpunktiert worden.

Unser Patient wurde spontan atmend, mit Belastungsdyspnoe, ohne Sauerstoff, voll ernährt bei gutem Trinkverhalten entlassen.

Ziel des EXIT ist die Sicherung der Atemwege während der Geburt bei erhaltener Plazentafunktion. Ein potentiell instabiler Patient in einer Notfallsituation wird durch EXIT zu einem stabilen Patienten, der einem semielektiven Eingriff zugeführt wird. Während eines EXIT können folgende Prozeduren durchgeführt werden: Bronchoskopie. Intubation, Tracheostomie, Tracheoplastie, Entfernen von Tracheal-Clips, Surfactantverabreichung, Anlage zentraler Katheter. Als Indikationen für EXIT gelten cervicale oder oropharyngeale Tumoren (Teratome, Lymphangiome, Hämangiome), Larynxatresie, schwere subglottische Stenosen, larnygeales Netz, Kehlkopfzysten, Struma (CHAOS: congenital high airway obstruction syndromes).