Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 47
DOI: 10.1055/s-2004-829252

Thromobozytenfunktion unter posthypoxischem Extrakorporalkreislauf

S Kuntz 1, J Konrad 1, C Dempfle 1, T Schaible 1
  • 1Univers.-Kinderklinik Mannheim, Univers.-Klinikum Mannheim, 1. Med. Klinik (Mannheim, Deutschland)

Fragestellung: Zu den gefürchteten Komplikationen der neonatologischen ECMO gehören Blutungsereignisse, vor allem intrazerebrale Hämorrhagien. Patienten mit schwerer Hypoxie in der Anamnese sind besonders gefährdet, insbesondere unter gleichzeitiger therapeutischer milder Hypothermie. Die engmaschige Kontrolle von Gerinnungsfaktoren und Thrombozytenzahlen gehört aus diesem Grunde zum Monitoring dieser Patienten. Welchen Stellenwert besitzt die Bestimmung der Thrombozytenfunktion in Ergänzung der etablierten Monitoringparameter?

Methodik: 9 neugeborene Lämmer wurden nach einer definierten Hypoxie in eine Gruppe mit milder Hypothermie (n=5) bzw. eine normotherme Kontrollgruppe (n=4) randomisiert und an einen extrakorporalen Kreislauf (ECC) angeschlossen. Die Gerinnungsparameter PT (Quick-Wert), INR, PTT, Fibrinogen sowie die Thrombozytenfunktionsparameter Kontraktionskraft (Platelet Contractile Force, PCF) und Elastizität (Elastic Modulus, EM) wurden vor und unmittelbar nach Hypoxie sowie zum Versuchsende nach 2-tägiger ECC (unter ACT-kontrollierter Heparinisierung) bestimmt. Zusätzlich erfolgten Blutbildanalysen vor Hypoxie und unter ECC.

Ergebnisse: Zwischen den beiden Versuchsgruppen und im Vergleich der Werte vor und unmittelbar nach Hypoxie konnten keine signifikanten Unterschiede in den Gerinnungsparametern PT/INR, PTT und Fibrinogen festgestellt werden. Vergleicht man die Werte vor Hypoxie und am Versuchsende, differieren sie signifikant in beiden Gruppen mit Ausnahme der PTT. Die Thrombozytenwerte sanken von im Mittel 376000/µl auf 223000/µl nach Anschluss an den ECC. Die Untersuchung der Thrombozytenfunktion zeigte einen signifikanten Unterschied des EM im Vergleich vor Hypoxie und der kaum noch bestimmbaren Werte am Versuchsende, jedoch keine signifikante Differenz in Hypo- und Normothermiegruppe oder vor und unmittelbar nach Hypoxie. Bei der PCF konnte zum signifikanten Unterschied vor Hypoxie und Versuchsende auch eine Signifikanz der Werte nach Hypoxie und Versuchsende ermittelt werden.

Schlussfolgerung: Die Bedeutung der Hypoxie und Hypothermie scheint durch die Effekte der ECC in den Hintergrund zu treten, wobei ein verzögerter Hypoxieeffekt jedoch nicht ausgecshlossen werden kann. Unter der ECC kam es zu einer signifikanten Verschlechterung der Thrombozyten- und Gerinnungsfunktion. Die moderate Abnahme der Thrombozytenzahlen durch Verdünnungseffekte nach Anschluss an den ECC korrelieren nicht mit dem ausgeprägten Funktionsverlust. Auch bei normalen Thrombozytenzahlen besteht so möglicherweise eine kritische Blutungsneigung. Die Zellfunktion der Thrombozyten könnte ein wichtiger Monitoringparameter sein, der in weiteren Untersuchungen bei Neugeborenen unter ECMO verifiziert werden sollte.