Fragestellung: Die bisher verbreitete Ansicht über Neuroplastizität des adulten menschlichen Gehirns
implizierte die funktionelle, jedoch keine strukturelle Änderungen. Wir untersuchten
in einer longitudinalen Studie den Effekt von Lernen eines visuell-motorischen-tasks
(hier: Jonglier-Training) auf die Gehirnstruktur. Die magnetresonanz-tomographische
(MR) zerebrale Bildgebung erfolgte vor, während und nach dem Erlernen von 3-Ball-Jonglieren
und wurde mittels Voxel-basierter Morphometrie (VBM) analysiert [1].
Methoden: An der Studie nahmen 24 junge gesunde Patienten (18 Frauen, 3 Männer; mean age 22±1.6
SD) teil, die alters- und geschlechtskorreliert in 2 Gruppen – „Jonglierende“ und
„nicht-Jonglierende“ geteilt waren. Für die MR-Untersuchungen wurden in 3-monatigem
Abstand an 3 Zeitpunkten: 1) vor Beginn des Trainings, 2) während des Trainings 3)
nach einer Trainingsabstinenz T-1 gewichtete MP-RAGE Sequenzen an einem 1.5 Tesla
Siemens Symphony Scanner acquiriert. Für die Vorverarbeitung und Analyse der Daten
wurde SPM99 genutzt. Die statistische Auswertung erfolgte in einer Analyse für beide
Gruppen und für alle Zeitpunkte mittels ANOVA. Wir benutzten einen small volume correction
(SVC) mit dem Diameter von 60mm representierend den Lobus occipitalis einer Hemisphäre.
Für die Signifikanz der Ergebnisse wurden die Signifikanzgrenzen bei p<0.05, korrigiert
für multiple Vergleichstests gesetzt.
Resultate: Die Gruppe der „Jonglierenden“ zeigte im Vergleich zur Gruppe der „nicht-Jonglierenden“
eine signifikante Zunahme an grauer Substanz im visuellen Assoziationscortex (hMT/V5)
bilateral (links: x -43; y –75; z –2, Z=4.70, rechts: x 33; y –82; z –4, Z=4.09) und
in dem linken posterioren Sulcus intraparietalis (IPS) (x -40; y –66; z 43, Z=4.57)
zwischen den ersten und den zweiten Messpunkt (Training), der zum dritten Zeitpunkt
(Trainingspause) wieder abnahm (Fig1).
Diskussion: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen trainings-abhängige Strukturalterationen im visuellen
Assoziationscortex in der Folge eines visuell-motorischen-Lernens. Diese dynamischen
morphologischen Änderungen repräsentieren, über die bekannte funktionelle Reorganisations-fähigkeit
hinaus, die Neuroplastizität des menschlichen Gehirns als Antwort auf äußere Reize.
Unsere Studie widerlegt die Annahme, dass das adulte menschliche Gehirn keinen wesentlichen
Strukturänderungen mehr unterliegt, sondern sich auf struktureller Ebene lediglich
altersbedingt oder durch Krankheit verändern kann.