Gesundheitswesen 2004; 66 - 55
DOI: 10.1055/s-2004-833793

Indikatorenbasiertes Screening als Weiterentwicklung im Peer-Review der gesetzlichen Unfallversicherung

S Neuderth 1, H Vogel 1, M Swoboda 2, R Finkenzeller 2, H Weber-Falkensammer 2
  • 1Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie der Universität Würzburg, AB Rehabilitationswissenschaften
  • 2Bundesverband der Unfallkassen, München

Hintergrund: In der medizinischen Rehabilitation stellt das Peer-Review-Verfahren ein Routine-Instrument der externen Qualitätssicherung durch die Kostenträger dar. Es wird eingesetzt, um eine Qualitäts-Bewertung von Behandlungsprozessen durch Fachkollegen durchzuführen. Als Ergebnis der Evaluation des Peer-Review in der Rehabilitation der gesetzlichen Unfallversicherung hat sich gezeigt, dass es sich hierbei um ein sehr aufwändiges Verfahren handelt, welches v.a. dazu geeignet ist, Kliniken mit auffallend schlechter dokumentierter Qualität zu identifizieren. Eine ausreichende Reliabilität ist nur durch Mehrfachbeurteilungen zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund ist eine Weiterentwicklung der Methode zu fordern. Ziel: Um ein angemessenes Verhältnis von eingesetzten Ressourcen und erzielten Ergebnissen zu gewährleisten wird ein modifiziertes, ökonomischeres Peer-Review-System entwickelt und erprobt. Methoden: Über Literaturrecherche, Expertenbefragungen und statistische Analysen bereits bewerteter Peer-Review-Fälle werden Indikatoren ermittelt, die Hinweise auf Qualitätsprobleme bei Behandlungsprozessen geben. Es wird ein Meldesystem für potenzielle Problemfälle erprobt, welches sich auf die Expertise der Sachbearbeiter von Unfallversicherungsträgern stützt. Kliniken, die auf Basis dieses Meldesystems auffällig werden, gehen in das Peer-Review ein. Einen Schwerpunkt im modifizierten Peer-Review stellt die Diskussion von Behandlungsverläufen zwischen Ärzten aus Rehakliniken, einweisenden/weiterbehandelnden Durchgangsärzten, Vertretern der Unfallversicherung (Berufshelfern) und Wissenschaftlern dar. Ergebnisse: Beschwerden von Patienten, Kommunikationsprobleme zwischen Sachbearbeitern und Kliniken, Verzögerungen im Heilverfahren und Komplikationen stellen wichtige Indikatoren dar, um Behandlungsfälle auszuwählen, die potenziell mit Qualitätsmängeln behaftet sind. Regelmäßige interdisziplinär besetzte Treffen ermöglichen die Kommunikation von gegenseitigen Erwartungen und setzen eine Qualitätsentwicklung in Gang. Diskussion/Schlussfolgerungen: In Anbetracht des zunehmenden Ressourcenverbrauchs durch Qualitätssicherungsprogramme ist eine kritische Evaluation der eingesetzten Methoden zu fordern. Über die indikatorengestützte Auswahl von Kliniken mit potenziellen Qualitätsproblemen ist es möglich, die Ressourcen für ein Peer-Review-Verfahren gezielter einzusetzen.