Gesundheitswesen 2004; 66 - 91
DOI: 10.1055/s-2004-833829

Präventionspolitik im europäischen Vergleich

CA Gericke 1, R Busse 1
  • 1Fachgebiet Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin

Hintergrund: Innerhalb der Europäischen Union (EU) gibt es beträchtliche Unterschiede hinsichtlich politischer Maßnahmen zur Prävention häufiger Erkrankungen. Oft können diese Unterschiede nicht durch unterschiedliche Epidemiologie erklärt werden. Andererseits sollten präventionspolitische Maßnahmen einen messbaren Effekt auf die Krankheitsepidemiologie haben. Ziel: Vergleich der Mortalitätsentwicklung auf allen Präventionsebenen anhand repräsentativer Erkrankungen in Deutschland mit anderen europäischen Ländern. Korrelation der epidemiologischen Daten mit präventions-politischen Maßnahmen auf nationaler und EU-Ebene. Methoden: Vergleich der altersstandardisierten Mortalitätsraten für Verkehrsunfälle, Zervixkarzinom und Diabetes mellitus von 1970 bis 2002 anhand von routinemäßig erhobenen Daten. Analyse der erkrankungs-spezifischen präventionspolitischen Maßnahmen in Ländern, die bedeutend von der Entwicklung in der EU abweichen. Ergebnisse: Die Entwicklung der durch Verkehrsunfälle, Zervixkarzinome und Diabetes mellitus verursachten Sterblichkeit variierte in den letzten 30 Jahren erheblich innerhalb Europas. Obwohl die Evidenzlage für die Wirksamkeit spezifischer Präventionsmaßnahmen auf die erkrankungsspezifische Sterblichkeit oft spärlich ist, können eine Reihe von epidemiologischen Veränderungen plausibel auf spezifische politische Präventionsmaßnahmen auf Länderebene zurückgeführt werden. Diskussion/ Schlussfolgerungen: Es existieren wirksame politische Maßnahmen zur Prävention aller hier behandelten häufigen Erkrankungen. Der derzeitige Stand der Implementierung dieser Maßnahmen kann nur im sozialpolitischen und historischen Kontext der einzelnen Länder verstanden werden. Die Bedeutung epidemiologischer Forschung und die Möglichkeiten bestehender Regulierung auf EU-Ebene werden nicht genügend genutzt. Dies trifft auch für weniger formelle politische Maßnahmen, z.B. Behandlungsrichtlinien, zu. Für eine evidenz-basierte Präventionspolitik in Europa ist mehr vergleichende Gesundheitssystemforschung nötig.