Gesundheitswesen 2004; 66 - 127
DOI: 10.1055/s-2004-833865

Unzureichende Folsäureprophylaxe bei Schwangeren in Ostvorpommern und Zusammenhang zu soziodemografischen Faktoren. Ergebnisse aus der SNiP-Studie (Survey of Neonates in Pomerania)

M Scheler-Hofmann 1, A Ebner 1, JP Haas 1, R Kühl 1, C Fusch 1, W Hoffmann 2
  • 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Greifswald
  • 2Institut für Community Medicine, Greifswald

Hintergrund: In Deutschland wird zur Prophylaxe kongenitaler Fehlbildungen allen Frauen im gebärfähigen Alter die tägliche Supplementation von 400µg Folsäure empfohlen. Die tatsächliche Inanspruchnahme liegt aber bundesweit wesentlich niedriger. Wir untersuchten Prädiktoren des Einnahmeverhaltens bei Müttern in Ostvorpommern. Methoden: SNiP ist eine prospektive populationsbasierte informed consent Geburtskohorte in Ostvorpommern mit einer Geburtenzahl von 1300/a. Via Krankenakten, Face-to-face Interview und einem Selbstausfüllbogen werden Daten zu Gesundheitsstatus des Neugeborenen sowie zu Schwangerschafts- Familien-, und Sozialanamnese erhoben. Wir analysierten 527 konsekutive Geburten auf systematische Zusammenhänge zwischen Einnahmeverhalten und Planung der Schwangerschaft, Bildungsstand, Erwerbstätigkeit und Haushaltseinkommen. Ergebnisse: 78 % der Mütter nahmen zu irgendeinem Zeitpunkt der Schwangerschaft Folsäure ein, aber nur 10 % gemäß den Empfehlungen. 69 % der Schwangerschaften waren geplant. Obwohl die empfehlungsgemäße Folsäureneinnahme mit Planung der Schwangerschaft und ansteigenden Bildungsstand zunimmt, ist lediglich zwischen der Gruppe der Erwerbstätigen und Nicht-Erwerbstätigen ein signifikanter Unterschied mit 17% vs. 8% zuungunsten der Nicht-Erwerbstätigen festzustellen (Binomialtest; p=0,017). Diskussion: Ostvorpommern ist eine Region mit einer hohen Arbeitslosenquote (22%) und zählt zu den wirtschaftlichen Problemgebieten Deutschlands. Unsere Untersuchungen zeigen, dass dies auch auf gesundheitsvorsorgende Aspekte einen unmittelbaren Einfluss hat, da vor allem in der Gruppe der Nicht-Erwerbstätigen Mütter die Folsäureprophylaxe mangelhaft ist. Allerdings zeigt sich auch insgesamt eine unzureichende Folsäureprophylaxe, die weit unterhalb der wünschenswerten Inanspruchnahme liegt.