Gesundheitswesen 2004; 66 - 167
DOI: 10.1055/s-2004-833905

Mindestmengenanforderungen im stationären Sektor beinhalten strukturgebende Aspekte für die Versorgungslandschaft

E Simoes 1, S Bauer 2, P Schwoerer 3, FW Schmahl 4
  • 1Kompetenz-Centrum Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement (KCQ), Lahr
  • 2MDS Essen
  • 3MDK Baden-Württemberg, Lahr
  • 4Institut für Arbeits- und Sozialmedizin Universität Tübingen

Hintergrund: § 137 SGBV sieht zukünftig Mindestmengen in der stationären Versorgung vor. Die Festlegung der Grenzen wird bei mangelnder Evidenz kontrovers diskutiert. Ziel: Gegenstand der Untersuchung war, auf der Basis von Leistungsstatistiken der Krankenhäuser in Baden-Württemberg für beispielhaft ausgewählte Setzungen (z.B. Leapfrog-Gruppe, EUSOMA, Mindestmengenvereinbarung von 12/2003) mögliche Effekte auf die stationäre Versorgungslandschaft im Sinne von Szenarien aufzuzeigen. Methoden: Leistungsdaten aus 2001 von 82% der Krankenhäuser standen zur Verfügung. Für jeden Eingriff wurde eine ICPM-Tracer Gruppe definiert, vorrangig im Gesundheitssystem konsentierte Gruppierungen (z.B FP/SE Definitionen) eingesetzt. Ergebnisse: Verschiedene hochspezialisierte Versorgungssegmente sind in Baden-Württemberg bereits zentralisiert (Transplantationschirurgie, Koronarchirurgie). Für andere liegt das Volumen, das von Anbietern erbracht wird, die mit ihrer Leistungsmenge unterhalb der jeweiligen Grenzziehung bleiben, und das demnach einer Umverteilung unterliegen würde, zwischen 20 und 60% des 2001 angefragten Bedarfs. Bei der resezierenden Ösophaguschirurgie tragen beispielsweise 80% der anbietenden Häuser mit <5 Operationen/Jahr zu insgesamt 36% der Versorgung bei. Mengen <5/Jahr finden sich bei der resezierenden Pankreaschirurgie in 12 von 44 Landkreisen. Diskussion: Der Mangel an institutionsübergreifenden Daten bedingt Unschärfen in der Abschätzung. Tendenzen sind jedoch darstellbar. Sie leisten einen Beitrag, sozialmedizinische Folgen von Mindestmengen zu antizipieren, z.B. aus zunehmenden Wegbelastungen und einer Ausdünnung des Angebots in peripheren Landesteilen, die unerwünschten gruppenspezifischen Unterschieden in der Nutzung von Versorgungsangeboten Vorschub leisten könnten. Schlussfolgerungen: Fehlt die Evidenz für eine definierte Mengengrenze zur Volume-outcome-Beziehung eines Verfahrens, sollten in der Diskussion auch regionale Verteilungsmuster Berücksichtigung finden.