Gesundheitswesen 2004; 66 - 192
DOI: 10.1055/s-2004-833930

Belastungen und Ressourcen in der Lehrtätigkeit unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und unterrichteter Fachkombination

E Haufe 1, M Thinschmidt 1, K Scheuch 1, F Eiselt 2
  • 1Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
  • 2Philologenverband Sachsen e. V.

Hintergrund und Ziel: Der Beitrag analysiert Zeitaufwände für zusätzliche wöchentliche und jährliche Arbeitsaufgaben und verfolgt Zusammenhänge von Arbeitsbelastungen und Indikatoren seelischer Gesundheit bei GymnasiallehrerInnen in Abhängigkeit von ausgewählten Einflussfaktoren. Methoden: Schriftliche Befragung 2001: In den Verbandszeitschriften publizierter Fragebogen: Zeitaufwände über vier Wochen bzw. im Schuljahresdurchschnitt, Bewertung von Anforderungen, Bedingungen und Auswirkungen der Lehrtätigkeit. 653 Responder: 7,3% aller sächsischen GymnasiallehrerInnen, repräsentativ verteilt, 43,4±7,4 Jahre alt, 72,1% Frauen. Statistik: Verteilungs-, Varianz-, Korrelations-, Regressionsanalysen. Ergebnisse: Bei einer wöchentlichen Gesamtarbeitszeit von 56 Stunden wird neben der Unterrichtstätigkeit der höchste wöchentliche Zeitbedarf je nach Fachbereich mit 9,8 (Mathematik/Nat.wiss.) bis 7,8 (Gesellschaftswiss.) Stunden für die Unterrichtsvor- und –nachbereitung angegeben, gefolgt vom Aufwand für Korrekturen mit 4,7 (musisch-künstl.) bis 6,4 (Sprachen) Stunden. „Selbst jung bleiben“ in der Arbeit mit Schülern und der Lehrberuf als tägliche Herausforderung werden von 75 bzw. 60% der Befragten unabhängig vom Lebensalter als Ressource erlebt. Fachliche Inkompetenz übergeordneter Stellen und das Gefühl, nie fertig zu sein, werden von 35–45% und mit höherem Alter zunehmend als belastend reflektiert. Dagegen sind Zeit- und Leistungsdruck, überfrachtete Lehrpläne und artfremde Tätigkeiten vor allem für Jüngere problematisch. Frauen berichten bei gleicher Arbeitsbelastung eine höhere Gesamtarbeitszufriedenheit als Männer (p<0,05). Die Anspruchsverwirklichung im Beruf erweist sich als wichtigster Prädiktor für Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit (p<0,01). Diskussion und Schlussfolgerungen: Abhängig von der unterrichteten Fachkombination erfahren einzelne Arbeitszeitanteile eine unterschiedliche Gewichtung, die ein angepasstes Zeitmanagement erfordert. Präventive Maßnahmen verlangen neben allgemeinen lehrberufstypischen auch unterrichtsfachbezogene sowie alters- und geschlechtsspezifische Inhalte.