Gesundheitswesen 2004; 66 - 248
DOI: 10.1055/s-2004-833986

Determinanten der Qualität der Glukosestoffwechselseinstellung in der primärärztlichen Diabetesversorgung

A Bayer 1, M Klose 1, H Glaesmer 1, J Klotsche 1, D Pittrow 1, HU Wittchen 1
  • 1TU Dresden, Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie

Hintergrund: Diabetes mellitus ist eine der drei häufigsten Diagnosen in der primärärztlichen Praxis. Eine gute Einstellung des Blutzuckers beugt ohne Einschränkung der Lebensqualität dem hohen Risiko von Folgeerkrankungen vor. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Merkmale zu identifizieren, die zwischen adaptiver und maladaptiver Diabeteseinstellung differenzieren. Methoden: In der bundesweiten DETECT-Stichtagsuntersuchung in 3195 primärärztlichen Praxen wurden über 50000 Patienten untersucht. In einer Teilstichprobe von 7500 Patienten wurde eine Laboruntersuchung durchgeführt. Grundlage der vorliegenden Analysen waren alle Patienten dieser Teilstichprobe, die nach Arztangaben einen Diabetes aufwiesen (N=1252). Soziodemographische Merkmale, Komorbidität und Risikofaktoren wurden von den Ärzten bzw. Patienten erfragt. Patienten mit einem HbA1c-Wert ≥ 7% wurden als schlecht eingestellt klassifiziert. Ergebnisse: 18,4% der Patienten erhielten eine gesicherte Diagnose Diabetes mellitus, von diesen waren 33% (N=413) definitionsgemäß schlecht eingestellt. Soziodemographische Kennwerte wie Alter, Geschlecht, Bildung, Familienstand und Berufstätigkeit haben keinen Einfluss auf die Einstellungsgüte der Patienten. Komorbidität (u.a. Hypertonie und KHK) und weitere Risikofaktoren wie herabgesetzte körperliche Aktivität oder hoher BMI waren ebenfalls ohne signifikante Assoziation. Das Risiko schlechter Einstellung war jedoch bei medikamentösen und nicht-medikamentösen Einstellungsproblemen (OR=0,64; KI 0,46–0,89), niedriger Compliance (OR=0,26, KI 0,17–0,41) und bei Teilnahme der Patienten an speziellen Diabetikerschulungen (OR=0,61; KI 0,40–0,89) erhöht. Diskussion: Gemessen am HbA1c-Wert sind nur ein Drittel der Diabetespatienten schlecht eingestellt. Die Einstellungsgüte erwies sich als primär mit Einstellungs- und Complianceproblemen assoziiert. Diese Problemgruppen sollen durch weitere Analysen genauer beschrieben werden, um sie für gezielte Interventionen zugänglich zu machen. Schlechte Einstellung war nicht mit dem Ausmaß der körperlichen Aktivität und der Höhe des BMI assoziiert. Auch soziodemographische Variablen wirken sich nicht auf die Einstellungsgüte aus. So gibt es anhand der vorliegenden Analysen keine Hinweise auf „benachteiligte“ Patientengruppen.