Zeitschrift für Palliativmedizin 2004; 5 - P8
DOI: 10.1055/s-2004-835242

Vergleich zwischen Palliativeinrichtungen in Muheza (Tanzania) und Linz (Österreich)

V Praxmarer 1, U Brand 1, K Collins 1, B Bakari 1, C Maembe 1
  • 1Integriertes Palliativteam am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz

Die Autorin, die im Krankenhaus Barmherzige Brüder Linz (350 Betten) ein integriertes Palliativteam aufgebaut hat und leitet, hatte Anfang 2004 die Gelegenheit, drei Monate die medizinische Leitung einer Palliativeinheit in einem englisch-anglikanischen Missionskrankenhaus (300 Betten) als Vertretung zu übernehmen. Beide Einrichtungen sind innerhalb der letzten 2–4 Jahre entstanden.

Ziel dieser Arbeit ist es durch Beschreibung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden herauszufinden, ob Palliative Care in verschiedenen Kulturen prinzipiell unterschiedlich angegangen werden muss. Dabei sollen zwei Aspekte besonders beleuchtet werden: Erstens die Akzeptanz des übrigen Krankenhauspersonals dieser für sie neuen Form der Patientenbetreuung im Vergleich und zweitens die in den beiden Ländern unterschiedlichen Bedürfnisse der Patienten und Familien. Bei den Aussagen handelt es sich um eigene Beobachtungen und die der jeweiligen Teamkollegen.

Gemeinsam ist beiden eine christliche Trägerorganisation, unterschiedlich die Erkrankungen der zu betreuenden Menschen (Linz: 70% maligne, 30% benigne Erkrankungen, bis jetzt 0% AIDS; Muheza: 80% AIDS, 10% maligne Erkrankungen, 10% andere). Grosse Unterschiede gibt es in der Annahme der Diagnose einer zum Tode führenden Krankheit, dem Bedürfnis, darüber zu sprechen, im Wollen, doch wieder gesund zu werden, im „Loslassen können“, in der Trauerreaktion. Gemeinsam ist, dass viele vom so genannten übrigen Krankenhauspersonal Palliative Care zunächst skeptisch gegenüber stehen. Einerseits wird die Notwendigkeit dieser Form der Betreuung nicht gesehen. Andererseits ist der ehrliche, offene Umgang mit der Wahrheit und mit einem nahen Sterben und das Mitaushalten von Leiden für alle Menschen schwer. Die Ursache dessen ist wieder unterschiedlich. In Österreich erlaubt die fast alles ermöglichende Medizin das Denken an ein Sterben nicht. In Tansania findet das Leid und der Tod fast in jeder Familie statt, tagtäglich. Das an sich Heranlassen des täglichen Sterbens von vor allem jungen Menschen tut auf die Dauer sehr weh. Daher wird eher verdrängt. Gemeinsam ist allen leidenden Menschen Sehnsucht nach Schmerzfreiheit, Sehnsucht nach Geborgenheit in der Familie, Sehnsucht nach Liebe, Freundschaft, Sehnsucht nach einem liebenden, barmherzigen höheren Wesen oder Gott. Gemeinsam ist auch, dass Liebe, Respekt, Ernst-Nehmen, Lindern und Wahrhaftigkeit Sieger über alles Leid sind. Daher sind nach Erfahrung der Autorin die Prinzipien von Palliative Care kulturell unabhängig und ist diese Form der Betreuung überall notwendig.