In einer Praxis für Allgemeinmedizin wurde in einer Stichprobe von 244 Patienten mit Hilfe der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) die Prävalenz von Angst und Depressivität bestimmt. Zusätzlich wurden klinischen Daten erhoben. Die Patientinnen und Patienten füllten ferner eine Reihe von Fragebögen aus, mit denen entwicklungspsychopathologisch relevante Merkmale erfasst wurden (Bindungssicherheit, erinnertes elterliches Erziehungsverhalten, Resilienz, negative Kindheitserfahrungen). Ca. 21% der Patienten zeigten klinisch relevante Angstsymptome, 12% zeigten Hinweise auf depressive Symptome, weitere 7% waren sowohl im Hinblick auf Angst als auch Depressivität auffällig. Mit Ausnahme der Subgruppe mit psychiatrischen Erkrankungen differenzierte die HADS nicht zwischen verschiedenen klinischen Subgruppen. Die HADS-Werte waren vorhersagbar auf der Basis verschiedener soziographischer Merkmale sowie krankheitsbezogener Kennwerte (z.B. Ausmaß subjektiver Beschwerden, Konsultationshäufigkeit). Personen mit erhöhten HADS-Scores waren charakterisiert durch geringere Resilienz, unsicherere Bindung sowie häufigere Negativerfahrungen in der Kindheit. Mittels Pfadmodellen konnte gezeigt werden, dass verschiedene Indikatoren der Entwicklunspsychopathologie unabhängig voneinander Angst, Depression und Körperbeschwerden vorhersagen. Die Studie belegt die Eignung der HADS als Screeninginstrument in der klinischen Routine und legt Zusammenhänge zwischen dem Ausmaß an psychischer Beeinträchtigung und entwicklungspsychologischen Konstrukten nahe, die in der allgemeinmedizinischen Praxis vermehrt berücksichtigt werden sollten.
Schlüsselwörter
Angst - Depression - Allgemeimmedizin - Bindung - Entwicklungspsychopathologie