Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P96
DOI: 10.1055/s-2005-866673

Apomorphin zur kontinuierlichen subkutanen Infusion: eine therapeutische Alternative bei fortgeschrittenem Morbus Parkinson

F Sixel-Döring 1, E Ludwig 1, H Klinke 1, M Rausch-Hertel 1, C Trenkwalder 1
  • 1Kassel

Fragestellung: Bei 31 von 394 Patienten, die der Paracelsus-Elena-Klinik im Zeitraum Januar bis Oktober 2004 zur stationären Therapie ihrer Fluktuationen und Dyskinesien infolge eines fortgeschrittenen idiopathischen Parkinson-Syndroms zugewiesen wurden, versagten alle peroralen medikamentösen Einstellversuche. Wir prüften die Effektivität einer kontinuierlichen subkutanen Apomorphintherapie über eine Infusionspumpe bei den Patienten, für die eine Tiefenhirnstimulation im Nucleus subthalamicus aus medizinischen oder persönlichen Gründen nicht infrage kam.

Patienten und Methoden: Alle 31 Patienten wurden zur Tiefenhirnstimulation im Nucleus subthalamicus evaluiert, 15 Patienten wurden einer operativen Therapie zugeführt. Die übrigen 16 Patienten (8 Frauen, Altersdurchschnitt 65J, Krankheitsdauer im Mittel 19J; 8 Männer, Durchschnittsalter 58J, Krankheitsdauer im Mittel 18J) erhielten Apomorphin zur subkutanen Dauerinfusion über eine tragbare Infusionspumpe. Die Dosierungen lagen zwischen 2 und 7mg Apomorphin pro Stunde mit einer Pumpenlaufzeit von 11 bis 16 Stunden pro Tag. Die Beurteilung erfolgte durch stündliche Selbsteinschätzung der Beweglichkeit und der Dyskinesien während der Wachzeit sowie die Erhebung der UPDRS Teil 3 vor und nach Einstellung auf die Pumpentherapie.

Ergebnisse: Bei 2 der 8 Frauen musste die Apomorphin-Applikation über die subkutane Infusion bereits nach wenigen Tagen wegen der Ausbildung schmerzhafter subkutaner Knoten und Abszesse abgebrochen werden. 1 der 8 Männer zeigte eine Unverträglichkeit für die Metallspitze der Infusionskanüle, was durch den Einsatz eines speziellen Infusionskatheters mit Teflonspitze vermieden werden konnte. Alle 14 Patienten, die mit der Pumpe entlassen wurden, zeigten eine signifikante Besserung der sog. off-Fluktuationen sowie einen Rückgang der Dyskinesien. Die gesamte perorale dopaminerge Medikation konnte deutlich reduziert werden. Bei 2 Patientinnen wurde die Therapie nach einigen Wochen im ambulanten Setting wieder abgebrochen (Gründe: Weiterbehandler vor Ort sind mit Komplikationen wie Dosisanpassung (n=1) und Psychose (n=1) überfordert).

Diskussion: Neben dem Verlust der Speicherkapazität für decarboxyliertes L-Dopa durch die fortschreitende Degeneration der nigrostriatalen Neurone werden Veränderungen der postsynaptischen Rezeptorsensitivität sowie gastrointestinale Resorptionsstörungen für die z.T. abrupten on/off Fluktuationen in fortgeschrittenen Stadien des idiopathischen Parkinson-Syndroms angenommen, sodass eine kontinuierliche Rezeptorstimulation unter Umgehung des Gastrointestinaltraktes anzustreben ist. Die subkutane Dauerapplikation von Apomorphin über eine Infusionspumpe ist eine wirksame Therapie-Option bei Patienten mit schweren off-Fluktuationen, für die aus medizinischen oder persönlichen Gründen eine Tiefenhirnstimulation nicht infrage kommt. Eine kompetente fachärztliche Betreuung vor Ort muss jedoch gewährleistet sein.