Rofecoxib, ein selektiver Cyclooxygenase-2(sCOX-2)-Inhibitor, gehört zu einem neuen
Typ entzündungshemmender Medikamente, welche zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung
durch Arthrose verursachter Beschwerden angewendet werden. Wir berichten von einer
75-jährigen Patientin mit einem sechsjährigen Krankheitsverlauf eines idiopathischen
Parkinson-Syndroms (IPS). Die Diagnosesicherung erfolgte mittels 18F-Dopa-PET. Die
Patientin entwickelte ein linksbetontes hypokinetisch-rigides Syndrom ohne Tremor.
Sie wurde mit Dopaminagonisten behandelt und erhielt nie L-Dopa-Präparate. Unter 12mg
Ropinirol und 300mg Amantadin täglich zeigte sich ein mildes Parkinsonsyndom (23 Punkte
motorischer Teil UPDRS; Hoehn und Yahr Stadium 2,5; ADL-Skala nach Schwab und England
80%). Aufgrund eines depressiven Syndroms wurde vor 1,5 Jahre eine Co-Medikation mit
Reboxetin addiert. Darunter war die Stimmung der Patientin gut kompensiert. Aufgrund
einer schweren beidseitigen Kniearthrose mit Gehbehinderung und mittelschwerer Schmerzen
(Skala von 1–10:6) wurde eine zusätzliche Medikation mit dem sCOX-2-Inhibitor Rofecoxib
(25mg/die) begonnen. Nach zweitägiger Einnahme entwickelte die Patientin eine akut
psychotische Symptomatik, zu Beginn in milder, nach 4 Tagen in maximaler Ausprägung.
Sie hatte den Eindruck, dass sich Geister durch ihr Haus bewegten und dass Fabelwesen
mit ihr sprachen, sie sah Vögel im Zimmer und Flugzeuge direkt auf ihr Haus zu fliegen.
Die Patientin konnte jedoch eine kritische Distanz zu den Halluzinationen wahren.
Sie vermutete einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Halluzinationen und der
Einnahme von Rofecoxib, da es sich um ihr einzig neues Medikament handelte. Aufgrund
der spürbaren Schmerzlinderung führte sie die Einnahme dennoch fort. Als die psychotische
Symptomatik nach 10 Tagen persistierte, beendete sie die Einnahme von Rofecoxib. Innerhalb
von 4 Tagen kam es zu einer völligen Rückbildung der Halluzinationen. Die Tatsache,
dass die tägliche Dosis aller anderen eingenommenen Medikamente für einen Zeitraum
von 3 Monaten vor dem Auftreten der psychotischen Symptomatik unverändert blieb und
die deutliche Übereinstimmung der Pharmakokinetik von Rofecoxib (stabiler Serumspiegel
nach 4 Tagen) mit dem Auftreten und dem Wiederabklingen der psychotischen Symptome
impliziert einen ätiologischen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Rofecoxib und
der aufgetretenen Psychose. Nach unserem Wissensstand ist dies der erste berichtete
Fall einer durch sCOX-2-Inhibitoren induzierten Psychose bei einem Patienten mit IPS.
Ein toxischer Effekt erscheint aufgrund der empfohlenen maximalen Tagesdosis von 50mg
und der Tatsache, dass bei der Patientin keine Nierenfunktionsstörung bekannt ist
(72% renale Elimination) unwahrscheinlich. Darüber hinaus umfassen toxische Effekte
nicht-selektiver COX-2-Inhibitoren wie Diclofenac eher Symptome wie Erbrechen, abdominelle
Schmerzen, Hypotonie, Schläfrigkeit und epileptische Anfälle, jedoch keine Psychosen.