Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P108
DOI: 10.1055/s-2005-866685

Parkinson-assoziierte Myopathien – Differenzialdiagnostische Überlegungen anhand klinischer Fallbeispiele

J Kassubek 1, A Unrath 1, M Sabolek 1, AD Sperfeld 1, A Storch 2
  • 1Ulm
  • 2Dresden

Eine Schwäche der Nackenmuskulatur mit konsekutiver Kopfhalteparese („dropped head syndrome“) ist ein nicht seltenes Phänomen generalisierter neuromuskulärer Erkrankungen. Ein vergleichbares klinisches Bild wird bei Parkinson-Patienten beobachtet; Einzelfallberichte aus der Literatur beschrieben eine Koinzidenz von Parkinson-Syndrom und einer „neck-extensor“-Myopathie, die eine Camptocormia imitieren kann. Wir präsentieren klinische, elektrophysiologische und pathomorphologische Daten vierer Patientinnen mit einem behandelten idiopathischen Parkinson-Syndrom, die im Verlauf ihrer Erkrankung einen Anterocollis entwickelten. In einem Fall war die Kopfhalteparese gering ausgeprägt, jedoch bestanden zusätzlich generalisierte Myalgien. Die jeweiligen elektromyographischen Untersuchungen zeigten einen vorwiegenden myopathischen Umbau. Alle Patientinnen erhielten Muskelbiopsien aus dem Musculus trapezius (n=3) bzw. dem Musculus quadriceps femoris (n=1). Diese zeigten mäßiggradige myopathische Schädigungszeichen mit ubiqitären Myophagozytosen ohne Anhalt für eine strukturelle oder entzündliche Genese (n=3) und in einem Fall das typische Bild einer idiopathischen Polymyositis. Zusätzliche biochemische Analysen der Atmungskettenkomplexe, elektronenmikroskopische Untersuchungen und bei einem Fall eine Analyse des mitochondrialen Genoms im Muskel zeigten Normalbefunde. Letztlich erfüllten die drei rein myopathischen Muskelbiopsien die Kriterien einer toxischen Myopathie. Der vierte Fall wurde einer klassischen Polymyositis subsummiert. In die differenzialdiagnostischen Überlegungen zum Auftreten eines Anterocollis und/oder von Myalgien bei M. Parkinson sollten sowohl direkt die Muskulatur schädigende Ursachen (endogen- oder exogen-toxisch) als auch nicht assoziierte Muskelerkrankungen einbezogen werden.