Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P109
DOI: 10.1055/s-2005-866686

Einsatz einer standardisierten autonomen Testbatterie bei Patienten mit Parkinson-Syndromen

B Herting 1, C Schmidt 1, T Glöckler 1, S Junghanns 1, S Prieur 1, H Reichmann 1, T Ziemssen 1
  • 1Dresden

Fragestellung: In dieser Studie sollte untersucht werden, wie praktikabel unterschiedliche autonome Funktionstests bei Patienten mit idiopathischem und atypischen Parkinson-Syndromen sind, und welche autonomen Funktionstests bei den einzelnen Erkrankungen in welcher Häufigkeit pathologisch verändert sind.

Patienten und Methode: Wir untersuchten 14 Patienten mit Multisystematrophie (MSA), 12 Patienten mit progressiver supranukleärer Blickparese (PSP), 14 Patienten mit einem idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) und 12 gesunde Kontrollpersonen (KP). Alter, Geschlecht (w/m) und Hoehn&Yahr-Stadien (H&Y) verteilten sich wie folgt (Angabe von Alter und H&Y jeweils als Mittelwerte±Standardabweichung): MSA (61±7 Jahre; w/m 10/4; H&Y 3,6±0,9), PSP(67±6 Jahre; w/m 1/11; H&Y 3,8±0,8), IPS (65±9 Jahre; w/m 2/12; H&Y 2,5±1,1), KP (61±6 Jahre; w/m 5/7). Die etablierte autonome Standardtestbatterie setzte sich aus folgenden Einzeltests zusammen: Ruhephase (RP), metronomische Atmung mit 6 Zyklen/Minute (MA6), Valsalva-Manöver (VAL), isometrischer Handgriff-Test (IHT), passiver Orthostasetest (pOT) und sympathische Hautantwort (SHA).

Ergebnisse: Eine eingeschränkte Durchführbarkeit zeigte sich vor allem bei den Tests, die eine aktive Mitarbeit des Probanden erforderten (MA6, VAL, IHT), wobei ab einem H&Y-Stadium von 4häufig Probleme auftraten, v.a. bei den MSA-Patienten. Bei PSP-, IPS-Patienten und KP wurde in der RP jeweils ein mittlerer Blutdruck von 130–135/70–75mmHg, bei MSA-Patienten von 145/80mmHg gemessen. Eine pathologische Herzfrequenzvariabilität bei MA6 wurde bei 6/9 MSA-, 3/9 PSP-, 2/14 IPS-Patienten und 0/14 KP festgestellt. Ein deutlich pathologisches VAL konnte bei 50% der MSA-, 40% der IPS-, 15% der PSP-Patienten und 0% der KP nachgewiesen werden. Eine signifikante pressorische Antwort beim IHT zeigte sich bei nahezu keinem Patienten, jedoch auch nur bei 3 KP. Eine orthostatische Hypotonie (OH) nach den Konsensuskriterien der American Autonomic Society und American Acadamy of Neurology fand sich bei ca. 70% der MSA- und IPS- sowie bei knapp 50% der PSP-Patienten, wobei der Anteil einer symptomatischen OH in allen betroffenen Gruppen gering war. Eine beidseits nachweisbare und normwertige SHA fehlte bei ca. 70% der MSA-, jeweils 45% der IPS- und PSP-Patienten und bei 8% der KP.

Diskussion: Diese Studie zeigte, dass bei Patienten mit IPS, MSA und PSP eine komplette autonome Testbatterie zur Beurteilung der Funktion des autonomen Nervensystems (ANS) sinnvoll ist. Bestimmte Tests (MA6, VAL und IHT) sind dabei offensichtlich für Patienten in fortgeschrittenen Stadien des Parkinson-Syndroms weniger geeignet, da sie deren aktive Mitarbeit erfordern. Besonders MSA-Patienten, aber auch Patienten mit IPS wiesen signifikante Störungen der ANS-Funktion auf. Bemerkenswert war außerdem, dass auch PSP-Patienten im Vergleich zu gesunden Personen eine Tendenz zum Auftreten von autonomen Funktionsstörungen zeigten.