Aktuelle Neurologie 2005; 32 - V118
DOI: 10.1055/s-2005-866692

Modulation ‘hyperdirekter’ kortiko-subthalamischer Verbindungen durch Nucleus-subthalamicus-Stimulation beim Morbus Parkinson

B Haslinger 1, K Kalteis 2, H Boecker 1, F Alesch 2, AO Ceballos-Baumann 1
  • 1München
  • 2Wien, A

Tiefenhirnstimulation (DBS) im Bereich des Nucleus subthalamicus (STN) wird vielfach einer funktionellen Ausschaltung dieses Kerngebietes gleichgesetzt. Entsprechend dem klassischen Modell führt dieser läsionsähnliche Effekt zu einer Blockade beim Morbus Parkinson (MP) überaktiver subthalamischer Efferenzen und der daraus folgenden übermäßigen Hemmung thalamofrontaler Neurone. Hierbei wird jedoch die Bedeutung ‘hyperdirekter' exzitatorischer kortiko-subthalamischer Projektionen vom motorischen Kortex unterschätzt. Wir untersuchten deshalb den Einfluss der Stimulationsfrequenz auf den Blutfluss (rCBF) als Marker für synaptische Aktivität am Ort der Stimulation und in seinen funktionell anatomischen afferenten und efferenten Verbindungen insbesondere auch dem motorischen Kortex.

Wir untersuchten 6 Patienten mit streng akinetisch rigidem MP und bilateraler STN DBS. Jeder Patient unterzog sich 12 funktionellen H215O PET Scans. Die Scans wurden in Ruhe durchgeführt wobei der beidseitige STN Stimulator entweder aus- (1 Scan ‘OFF') oder eingeschaltet (11 Scans ‘ON') war. Während der ‘ON' Bedingung wurde die Stimulationsfrequenz schrittweise von Scan zu Scan variiert (5Hz bis 190Hz). Wir verwendeten eine parametrische statistische Analyse: dabei wurden Funktionen erster und zweiter Ordnung der aufsteigenden Stimulationsfrequenzwerte für jeden Patienten als individuelle Kovariaten eingegeben. Zur Charakterisierung des rCBF Verhaltens mit steigender Stimulationsfrequenz wurden individuelle und über die Patienten gemittelte Blutflusskurven für die Hauptmaxima der Aktivierung geplottet.

Es zeigten sich starke negative Korrelationen des rCBF mit der Stimulationsfrequenz im Bereich des primär motorischen Kortex bds. und in kaudalen Anteilen des mesial prämotorischen Kortex (SMA proper). Die individuellen und gemittelten Blutflusskurven zeigten hier streng korrelierte Abnahmen des rCBF mit zunehmender Stimulationsfrequenz. Andererseits wurde eine starke positive Korrelation des rCBF mit zunehmender Stimulationsfrequenz im Bereich des stimulierten Kerngebietes, des STN bds., gefunden. Hier zeigten sich ansteigende individuelle und gemittelte Blutflusskurven mit steigender Stimulationsfrequenz.

Unsere Ergebnisse legen nahe, dass ein wichtiger Mechanismus der STN Stimulation in einer direkten und aktiven Modulation der ‘hyperdirekten' kortiko-subthalamischen Verbindung liegt. Dies zeigt die starke Korrelation zwischen rCBF Veränderungen im primär motorischen und mesial prämotorischen Kortex und graduellen Erhöhungen der Stimulationsfrequenz. Hier könnte die STN Stimulation pathologische oszillatorische Einlüsse von frontalen kortikalen Arealen als eine mögliche Ursache für die STN Überaktivität beim MP unterbrechen. RCBF Zunahmen im STN zeigen dass DBS nicht zu einem Depolarisationsblock, sondern aktiv zu einer Zunahme lokaler synaptischer Aktivität führt.