Der Klinikarzt 2005; 34(4): XIV
DOI: 10.1055/s-2005-868146
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Invasive oder optimale medikamentöse Behandlung - Regionale Unterschiede bei der Herzinfarkttherapie

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Publikationsdatum:
18. April 2005 (online)

 

Quelle: Stukel TA, Lucas FL, Wennberg DE. Long-term outcomes of regional variations in intensity of invasive vs medical management of medicare patients with acute myocardial infarction. JAMA 2005; 293: 1329-1337

Thema: Studienergebnissen zufolge bestehen große regionale Unterschiede bezüglich der Intensität der Therapie bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt.

Projekt: Welche Auswirkungen diese Therapievariabilität auf das Outcome der Herzinfarktpatienten hat, untersuchte jetzt ein Team US-amerikanischer Forscher in einer Kohortenstudie.

Ergebnis: Je höher die Kapazität der Katheterlabore in einer Region war, desto eher wurde (dann unabhängig von Alter oder anderen Risikofaktoren) auch eine invasive Therapie durchgeführt. Erwartungsgemäß waren die Mortalitätsraten in den Regionen am niedrigsten, in denen die Patienten am häufigsten katheterisiert wurden (und Betablocker erhielten).

Auffallend war jedoch, dass - entgegen der Erkenntnisse aus randomisierten klinischen Studien - jüngere Patienten und solche mit einem relativ geringen Risiko mit einer höheren Wahrscheinlichkeit invasiv therapiert wurden als ältere oder Hochrisikopatienten. Anscheinend, so die Autoren, schätzen die Ärzte das Nutzen-Risiko-Verhältnis oder mögliche behandlungsassoziierte Komplikationen noch immer falsch ein.

Obwohl auch diese Kohortenstudie insgesamt den Vorteil der invasiven Koronarintervention bestätigt, war interessanterweise in Gebieten, in denen die Patienten intensiv medikamentös behandelt wurden, praktisch kein zusätzlicher Nutzen einer invasiven Therapie zu sehen.

Fazit: Bei einer großen Mehrheit der Patienten sei es aufgrund der Studienergebnisse nötig, den routinemäßigen Gebrauch der invasiven Strategie zu überdenken, meinen die Autoren, nämlich dann, wenn der mögliche Nutzen der Koronarintervention relativ gering ist und andere, einfachere und preiswerte medizinische Alternativen existieren. Denn wie so oft lassen sich die Daten aus den randomisierten klinischen Studien zur Therapie des akuten Koronarsyndroms nicht direkt in den klinischen Alltag übertragen - beispielsweise, weil weniger erfahrene Ärzte die Koronarintervention vornehmen oder weil lange Transportwege bis zum Katheterlabor in Kauf genommen werden müssen. Außerdem verzerrt natürlich der zu geringe Einsatz der Katheterintervention bei Hochrisikopatienten das Bild.

Key Words: akutes Koronarsyndrom - Koronarintervention - optimale medikamentöse Therapie

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