Einleitung: Wir berichten über ein reifes Neugeborenes, bei dem sich ein präoperativ aufgefallener
„Faktor V-Mangel“ als Primärsymptom einer Galaktosämie herausstellte.
Kasuistik: Eutrophes weibliches Neugeborenes (40+1 SSW, GG 3820g) konsanguiner Eltern mit bereits
pränatal diagnostizierter Ovarialzyste links (Volumen 150ml). Im Rahmen der Operationsvorbereitung
fiel am 4. LT eine Gerinnungsstörung auf mit einer PTT-Verlängerung (85sec) und einer
Erniedrigung des Quick-Wertes (27%) sowie fehlendem Ansprechen auf zusätzliche Vitamin
K-Gabe. Die übrigen Laborparameter – insbesondere die Leberwerte – lagen im altersentsprechenden
Normbereich (Bz 62mg/dl, GE 5g/dl, Albumin 3,6mg/dl, GOT 56U/l, GPT 27U/l, gGT 77U/l,
direktes Bilirubin 0,5mg/dl). Es erfolgte eine Einzelfaktorenanalyse, die ein fast
vollständiges Fehlen der Faktor V-Aktivität (<5%) ergab; die übrigen Faktoren lagen
im altersentsprechenden Normbereich (bis auf FII und FVII, die grenzwertig erniedrigt
waren), so dass zunächst an einen hereditären Faktor V-Mangel (Hypoproakzelerinämie)
gedacht wurde.
Im Neugeborenenscreening wurde am 6. LT eine klassische Galaktosämie (Gal-1-P 10,1mg/dl
(Norm 0–0,3), GALT 0µmol/h/g Hb (Norm 20–35)) diagnostiziert.
Zeitgleich fiel das anfangs unbeeinträchtigte Neugeborenen zunehmend durch Erbrechen
und eine diskrete Blutungsneigung (leichte Nabelblutung und intermittierende Blutbeimengungen
im Stuhl) auf. Bei zunehmender Gerinnungsstörung (Quick 19% und PTT>200sec) erfolgte
die zweimalige Gabe von FFP. Daraufhin mäßiger Anstieg der Gerinnungsparameter.
Im Verlauf beginnender Anstieg der Transaminasen, des direkten Bilirubins (2mg/dl)
und des Ammoniaks (166µg/dl).
Nach sofortigem Umstellen auf laktosefreie Nahrung normalisierten sich die klinische
Symtpomatik und die Laborparameter im weiteren Verlauf.
Ein Faktor V-Mangel bei den Eltern konnte sicher ausgeschlossen werden.
Schlussfolgerung: Die Kasuistik belegt durch das zufällige Abnehmen eines Gerinnungsstatus bei einem
scheinbar gesunden Neugeborenen die hohe Sensitivität des Faktor V auf beginnende
Leberparenchymschäden. Gerinnungsstörungen können beim Neugeborenen das erste Symptom
noch unbekannter Leberparenchymstörungen – in diesem Falle einer Galaktosämie – sein.