Pneumologie 2006; 60(5): 305-319
DOI: 10.1055/s-2005-919138
Fort- und Weiterbildung
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Arbeitsbedingte obstruktive Atemwegserkrankungen (ohne Erkrankungen durch anorganische Stäube)

Teil 2Working Place Related Obstructive Airway DiseasesPart 2X.  Baur1
  • 1Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin Hamburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. Mai 2006 (online)

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1. Neuere diagnostische Verfahren

1.1 Atemkondensat-Analyse

Mittels des Gerätes ECOScreen (Fa. Viasys) können nach vorheriger Mundspülung auf nichtinvasive einfache Weise das Atemkondensat der Ausatemluft gesammelt und darin befindliche Komponenten quantitativ bestimmt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die erfassten Aerosoltröpfchen die Zusammensetzung des extrazellulären bronchoalveolären Flüssigkeitsfilms widerspiegeln.

Neuere diagnostische Verfahren umfassen Analysen des Atemkondensats, des indizierten Sputums und der FeNO.

Das Verfahren wird derzeit noch vorwiegend im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen eingesetzt. Die Analysen eignen sich auch zur Verlaufskontrolle des arbeitsbedingten Asthmas und erlauben differenzialdiagnostische Aussagen. Eine Festlegung zur Standardisierung ist kürzlich erfolgt [1].

Asthmatiker weisen erhöhte Konzentrationen an H2O2, NO-Metaboliten, IL-4, IL-5, 8-iso-Prostan, LTE4, LTB4, erniedrigte Werte von IFN-γ und des pH sowie ein verändertes Proteinspektrum auf.

Für die Atemkondensat-Analyse stehen erstmalig Referenzwerte zur Verfügung.

Referenzwerte (laborabhängig): pH 7,51 - 7,67, H2O2 0,08 - 0,41 mM, LTB4 5,8 - 281 pg/ml, LTE4 11,4 - 14,6 pg/ml, IL-4 29,5 - 41,9 pg/ml, IL-6 7,69 - 7,91 pg/ml, IFN-γ 4,7 - 5,5 pg/ml, IL-5 < 17 pg/ml, 8-iso-Prostan 1,5 - 6,6 pg/ml.

Studien zur diagnostischen Wertigkeit für arbeitsbedingte obstruktive Atemwegserkrankungen stehen noch aus.

1.2 Induziertes Sputum

Durch Inhalation hypertoner Kochsalzlösung lässt sich induziertes Sputum gewinnen [2]. Mehrere Untersuchungen belegen, dass sich v. a. die Eosinophilenzahl zum Monitoring des arbeitsbedingten Asthmas eignet. So fanden Obata u. Mitarb. [3] 6 und 24 Stunden nach Provokation mit Plicatsäure aus Zedernholz unter Respondern einen Eosinophilenanstieg, der sich umgekehrt proportional zum FEV1-Abfall verhielt.

Die Eosinophilenzahl im induzierten Sputum eignet sich zum Monitoring des arbeitsbedingten Asthmas.

Kürzlich beschrieben Lemiere u. Mitarb. [4] im induzierten Sputum von Patienten mit Isocyanat-Asthma nach entsprechender inhalativer Exposition eine verstärkte Expression der Leukotrien-Rezeptoren CysLLT1 und BLT1 auf Neutrophilen, ferner einen Anstieg von Leukotrien LTB 4, IL-8 und eine Neutrophilie.

Auch Getreidestaub induziert eine Zunahme von IL-8 und Neutrophilen [5].

In einer prospektiven Multizenter-Studie untersuchten Girand u. Mitarb. [6] 49 Patienten, davon 23 mit positivem Allergen-Provokationstest, nach einer zweiwöchigen Arbeitsphase und nach einer zweiwöchigen Arbeitspause. Dabei kamen ein PEF-Monitoring und die Quantifizierung der Eosinophilen im induzierten Sputum zur Anwendung. Die computerisierte PEF-Analyse war der individuellen visuellen Auswertung deutlich unterlegen. Die zusätzliche Sputum-Untersuchung erhöhte die Spezifität des PEF-Monitorings um 18 % (bei Anstieg der Eosinophilen ≥ 1 %). Gleichzeitig nahm die Sensitivität um 8,2 % zu. Die Studie belegt - ähnlich wie frühere Arbeiten während und außerhalb von Arbeitsphasen bzw. nach arbeitsplatzbezogenen spezifischen Expositionstesten - die diagnostische Wertigkeit der Sputum-Untersuchung für das arbeitsbedingte Asthma.

1.3 NO-Messung

Die Chemolumeniszenz-Analyse erlaubt unter standardisierten Bedingungen (geschlossenes Velum, weitgehend konstanter Atemfluss von 50 mL/s, Widerstand von ca. 10 mbar), die Messungen der aus dem Bronchoalveolarraum stammenden, exhalierten NO-Fraktion (FeNO). Eine Modifikation des NO, die im Gewebe nachweisbar ist, stellt das Proteinaddukt 3-Nitrothyrosin dar.

Die Messung des aus den tiefen Atemwegen exhalierten NO ist eine viel versprechende Methode zur Erfassung der inflammatorischen Reaktion in der bronchialen Mukosa.

Ein FeNO-Anstieg ca. 1 Tag nach einer Allergenbelastung, z. B. mit Isocyanaten oder Latex, ist ein guter Indikator für eine allergische Atemwegsreaktion und -entzündung [7] (Abb. [1]).

Abb. 1 Signifikanter FeNO-Anstieg 22 h nach arbeitsbezogener Latexallergen-Exposition (Mittelwert ± SEM; n = 31).

1.4 Beurteilung und Normwerte

  • Normbereich des FeNO: 6 - 9,4 ppb (laborabhängig).

  • Raucher haben erniedrigte FeNO-Werte.

  • Patienten mit Atemwegsallergien haben ein erhöhtes FeNO.

  • Die Allergenexposition führt beim Sensibilisierten nach etwa einem Tag zu einem 50- bis 100 %igen Anstieg des FeNO.

  • Die erhöhten Werte der Asthmatiker und der Methacholin-Hyperreagiblen normalisieren sich unter inhalativer Glukokortikoid-Therapie (Ausnahme: steroidresistente Patienten).

  • Die nasale NO-Konzentration ist ca. 100fach höher als FeNO.

  • Patienten mit primärer ziliärer Dyskinesie (z. B. Karthagener-Syndrom) haben eine stark erniedrigte nasale und bronchiale NO-Konzentration.

Literatur

Prof. Dr. med. Xaver Baur

Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin Hamburg

Seewartenstraße 10

20459 Hamburg

eMail: baur@uke.uni-hamburg.de