Aktuelle Neurologie 2005; 32 - V15
DOI: 10.1055/s-2005-919179

Die Rolle des Monoamintransmitterstoffwechsels im Verlauf der HIV-1-assoziierten Enzephalopathie

T Nolting 1, E Koutsilieri 1, G Arendt 1, S Loeffert 1, I.W Husstedt 1, M Maschke 1, S Sopper 1, P Riederer 1, V ter Meulen 1
  • 1Für das Kompetenznetzwerk HIV/AIDS

Fragestellung: Es mehren sich die Hinweise, dass in der Entstehung der HIV-1-assoziierten Enzephalopathie eine Änderung im zentralnervösen Monoamintransmitterstoffwechsel einer der wesentlichen Gründe für die Enstehung der neurologischen Symptomatik ist.

Methoden: In eine prospektiven Studie wurden bislang 81 männliche, HIV-1-positive Probanden eingeschlossen. Die Probanden wurden gemäss der internationalen Klassifikation des CDC (Center of Disease Control, USA) unterschiedlichen Krankheitsstadien zugeteilt. Alle Teilnehmer wurden neurologisch untersucht, neuropsychologisch getestet, eine kranielle Kernspintomographie wurde veranlasst und zusätzlich wurden in Blut und Liquor Untersuchungen zur Viruslast und zum Gehalt von monoaminergen Neurotransmittern und ihren Metaboliten vorgenommen.

Ergebnisse: Es konnte gezeigt werden, dass in antiretroviral unbehandelten Patienten im Frühstadium niedrige Dopaminliquorspiegel mit einer hohen Liquorviruslast, einem hohen Liquoreiweiss und einer hohen Liquorzellzahl korrelieren. In den antiretroviral behandelten Patienten, die auch weiterhin hohe Liquoreiweißwerte und hohe Liquorzellzahlen behalten, bleiben die Dopaminspiegel ebenfalls erniedrigt. In behandelten AIDS Patienten zeigen ansteigende Dopaminspiegel bei weiterhin sehr niedrigem absolutem Dopaminliquorspiegel eine Korrelation zu psychomotorischer Verlangsamung und manueller Ungeschicklichkeit. Bei diesen Patienten korrelierten hohe Laktatliquorspiegel mit einem hohen Hydroxyvanillinsäureliquorspiegel (HVA), einem wichtigen Dopaminmetaboliten. Weiterhin konnte eine negative Korrelation zwischen Liquorviruslast und Serotoninliquorspiegeln (5-HT) in behandelten Frühstadienpatienten gezeigt werden.

Schlussfolgerung: Die dopaminerge Funktionsstörung steht mit einer entzündlichen Erkrankung des ZNS und einer hohen Virusreplikation im Gehirn in Zusammenhang, ein Hinweis, dass infizierte Zellen des ZNS selbst an der Unterhaltung der pathogenen Mechanismen beteiligt sind. Hohe Liquorlaktatspiegel die bei antiretroviral behandelten Patienten mit einem erhöhten Umsatz im dopaminergen System korrelierten, weisen auf eine zusätzliche, toxische Komponente in der späten Phase der HIV-1-assoziierten Enzephalopathie hin. Der frühe Abfall der Serotoninliquorspiegel (5-HT) kann ein Grund für die hohe Prävalenz von affektiven Störungen und deren gutes Ansprechen auf Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRIs) in dieser Patientengruppe sein.